Nun habe ich mir eine Überschrift für diesen Blogpost ausgedacht, von der ich überzeugt war, sie wäre ganz toll, frage mich aber jetzt: Kann eine Deutsche einen schottischen Tag haben? Oder aber: Kann ein Tag überhaupt schottisch sein?
Jetzt wirst du dich fragen, was ich eigentlich für Probleme habe. Im Moment allerdings gar keine, denn ich hatte einen schönen schottischen Tag. Und über den möchte ich jetzt berichten.
Es soll die Geschichte eines Tages werden mit all den Eindrücken, die ich hatte. Auch wenn hier viele persönliche Anmerkungen einfließen, sind bestimmt auch Tipps für deinen eigenen Urlaub dabei, oder aber du fährst mit einem anderen Blickwinkel durchs Land.
Ich befinde mich wieder einmal auf einer Inforeise und habe mir die schottische Ostküste vorgenommen und die nördlichen Inseln. Es ist immer gut, Neues und vor allem viele Unterkünfte kennenzulernen, um meinen Kunden, ob Schottland-Neulinge oder Schottland-Süchtlinge, die best mögliche Reise nach Maß zu basteln.
Ich sitze also im Flieger, habe einen Gangplatz gewählt, denn ich muss ja nicht aus dem Fenster gucken. Zum einen fliegt man die meiste Zeit über den Wolken, zum anderen bin ich die Strecke schon so oft geflogen, dass ich weiß, wie die Forth-Fjord-Brücken von oben aussehen. Und dennoch recke ich meinen Hals am Ende irgendwie an meiner Sitznachbarin vorbei, um zu gucken, was da unten zu sehen ist. Das ist wohl eine Art Automatik.
Der Flug war schnell. 1,5 Stunden von Düsseldorf. Wenn man ab Dortmund auf der berühmten A40 im Stau steht, dauert das nur bis Düsseldorf genauso lange.
Die Stewardessen genehmigen ziemlich schnell nach der Landung, dass die Handys wieder aus dem Flugmodus genommen werden dürfen, und so melde ich mich bei meinem Mann, dem nettesten Ehemann der Welt, als gelandet an. (Ich habe doch gesagt, hier kommen subjektive Eindrücke, also sollte jetzt auch kein anderer Ehemann beleidigt sein.)
Mein Koffer hat sich vorgedrängelt, er kommt als dritter oder vierter. Aber du meine Güte, wie sieht der denn aus? Hat den jemand in Düsseldorf durch eine staubige Baustelle gezogen oder sollte der Gepäckraum von Eurowings tatsächlich mal eine Grundreinigung nötig haben?
Egal, den kriege ich wieder hin. Mit dem Gedanken an eine schöne Tour ist mir das Aussehen meines Koffers gerade sowas von egal.
Auf geht´s zum Mietwagenschalter. Ich bin wieder bei Europcar gelandet, die ich immer wärmstens empfehlen kann, und zwar bitte schön im Reisebüro gebucht, weil dort dann einfach mehr Versicherungen enthalten sind und man nicht riskiert, auf irgend einem Selbstbehalt bei einem Schaden sitzen zu bleiben. Rundum-Sorglos sollte einem auf einer Reise doch so wichtig sein wie das Land selbst.
Man geht zuerst zu einem Display und tippt seinen Namen ein, damit man in die Warteschlange kommt. Das ist in etwa so wie beim Einwohnermeldeamt, wo man eine Nummer zugewiesen bekommt, damit die Wartenden schön sortiert werden. Bei Europcar in Edinburgh wird man aber statt mit Nummer mit Namen aufgerufen. Oh je, ich höre schon die Datenwächter in unserem Lande. Mein Name! Auf einem Display für alle sichtbar! Vollkatastrophe!
Man darf es sich aber sogar aussuchen, ob man mit Vor- und Zunamen dort erscheinen soll, nur mit Initialen oder einfach als No-Name. Datenwächter zufrieden? Dann ist es ja gut.
Spontan frage ich dann doch nach einem Upgrade auf einen Automatikwagen. Mal sehen, was kommt. Zu Hause war ich in der Tat zu geizig, wobei die Mehrkosten für einen Automatikwagen teilweise, aber besonders saisonabhängig wirklich extrem sind.
Ich bekomme einen VW T-Cross Automatik angeboten, brandneu, gerade mal 15 Meilen auf dem Tacho. Na, der wird ja dann entsprechend teuer sein, aber der Aufpreis ist wirklich akzeptabel, so dass ich zusage.
Es geht nun zunächst nach Arbroath an der Ostküste, einige Kilometer nördlich von Dundee. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum mich dieser Ort seit längerem so magisch anzieht. Ich hatte mir fest vorgenommen, dort einmal hinzureisen, weil es mir die Bilder mit den roten Klippen so angetan haben. Dass der Ort für die Schotten historisch wichtig ist, weil man dort im Jahre 1320 die „Declaration of Arbroath“ geschrieben hat, das lassen wir jetzt mal beiseite.
Mein Weg führt mich über die Queensferry Crossing, die neueste der 3 Brücken über den Forth Fjord, der die Region Edinburgh and the Lothians vom Kingdom of Fife und dem noch nördlicheren Schottland trennt.
Es ist immer wieder schön, diese Brücke zu befahren, und wer sie dann fotografieren möchte (sie ist es wert), der sollte hinter dieser zum Hotel Doubletree Hilton North Queensferry fahren. Von dort aus hat man durch die hohe Position ein gutes Panorama auf die neue, die alte und die ikonische Eisenbahnbrücke.
Das Kingdom of Fife begrüßt die Autofahrenden, und ich überlege ganz kurz, ob ich meine alte Freundin Roberta kurz besuche. Aber nein, die Zeit reicht nicht und außerdem würde sie wahrscheinlich aus den Latschen kippen, wenn ich spontan und unerwartet dort aufschlage. Sie ist 85 Jahre alt, fit wie ein Turnschuh, aber man will ja keinen Schock riskieren. Also lasse ich es, bleibe auf der A90 Richtung Perth und hoffe, der Weg führt mich ohne Probleme um die Stadt herum. Ich weiß nicht was es ist, aber in Perth habe ich mich bis jetzt jedes Mal verfahren, bin immer mitten in der Stadt gelandet und habe mich gefragt, ob die Schnellstraße wirklich durch die Stadt führt, oder ob ich es einfach nicht checke, wie man um sie herum kommt.
Es ist geschafft, Perth bleibt an der Seite liegen, Gott sei Dank. Ich steuere also ohne Probleme erst einmal Dundee an. Da ich doch sehr zügig vorangekommen bin, überlege ich, einen Abstecher zum V&A Museum zu machen, das am Fluss Tay liegt, der hier ins Meer mündet. V&A ist die Abkürzung für Victoria&Albert Museum. Die Hauptstelle gibt es in London, und seit einigen Jahren gibt es diesen Ableger in Schottland. So oft wurde mir davon vorgeschwärmt, also sollte ich mal reinschauen.
Ich bin eigentlich überhaupt kein Museumsgänger. Mich faszinieren die Gebäude, vor allem, wenn es entweder historische oder aber hypermoderne Architektur und am besten innen von der Gestaltung her auch interessant ist. Bilder und Skulpturen interessieren mich eher weniger. Das ist mir, mit wenigen Ausnahmen wie der National Portrait Galerie in Edinburgh und dem Naturhistorischen Museum in London, einfach zu langweilig. Jedem das Seine, nicht wahr?
Der V&A-Bau ist jedenfalls super interessant und höchst eigenwillig. Sind es aufeinander gestapelte Bücher? Sind da Teile, die irgendwie an ein Schiff erinnern? Jeder darf seine Fantasie haben.
Ich hätte es mir ja denken können, dass vor dem Museumsbesuch eine Filiale meiner Lieblingssupermarktkette auf dem Weg liegt und mich förmlich anbetet, einen kleinen Besuch abzustatten. Also schnell abgebogen, eingeparkt und rein in den Markt. Ich muss sowieso auf die Toilette, brauche etwas Wegzehrung und Wasser. Es bleibt tatsächlich auch bei diesen drei Dingen, die ich erledige. Sonst gibt es meistens etwas, was mich noch anspringt und unbedingt mit will, aber wenn man fliegt, kann man sowieso nur begrenzt zupacken.
Die Zeit für das V&A wird schon schmaler, aber ich fahre trotzdem hin und finde einen wirklich guten Parkplatz direkt vor dem Museum mit Blick aufs Wasser. Hier nehme ich dann im Auto erstmal mein Mittagspicknick, das aber schon eher ein Nachmittagspicknick ist, ein. Joghurt und Obst mit Blick aufs Fast-Meer (ist ja immer noch der Tay). Pflichtbewusst gehe ich natürlich zum Pay-and-Display-Automaten, um ein Ticket zu ziehen. Nun habe ich schon etliche Park-Apps auf dem Handy und bin auch ein Fan von dieser Buchungsmethode, aber hier gibt es noch wieder eine andere App, und ich habe keine Lust, die auch noch herunterzuladen. Also Barzahlung. Ich schmeiße mal 2 Pfund ein. So lange werde ich ja nicht bleiben. Nirgendwo ist ein Hinweis zu finden, wie lange man für 2 Pfund bleiben darf, werde aber gleich nach dem Einwurf durch eine Meldung aufgeklärt: Mindestbetrag 7 Pfund. Ich glaub´ ich spinne! Es ist nicht so, dass ein solcher Infotrip nur einen Appel und ein Ei kostet, da kann es auf ein paar Pounds nicht ankommen, aber das geht mir doch zu weit. Zumal ich Museen ja eigentlich gar nicht mag. Und dann 7 Pfund? Wobei ich, das möchte ich zur Ehrenrettung von Dundee doch anmerken, dafür sogar den ganzen Tag bleiben könnte, aber kann ich ja aus Zeitmangel nicht. Es bleibt bei einem schnellen Foto und einem noch schnelleren Picknick im Auto mit Blick aufs Wasser.
Man sieht oft, dass Briten sowas machen. Es sitzen in gefühlt jedem zweiten Auto Leute, die ihr Sandwich futtern und einfach aufs Meer schauen. Das könnten sie auch draußen, denn es sind Bänke da, aber man sieht sie im Auto sitzend. Das ist mir schon überall oft aufgefallen und gefällt mir sehr gut, nur habe ich selbst immer ein schlechtes Gewissen, da ich im Büro ohnehin den ganzen Tag sitze. Man muss sich ja auch mal bewegen. Doch picknickt es sich einfach wärmer und bequemer im Auto. Und die Möwen, die natürlich auch hier schon wieder auf der Lauer sind, kriegen auch nichts ab, da ist die Nahrung sicher und nur für mich.
Ich bin dann aber mal weg und steuere aus der Stadt raus auf Arbroath zu. Die Angus-Coastal-Tourist-Route will ich natürlich nehmen, aber so „coastal“ ist sie gar nicht.
Es dauert furchtbar lange bis ich aus Dundee raus bin und es endlich wieder ländlich wird. Dabei merke ich irgendwann, dass ich schon nahtlos im nächsten Ort angekommen bin.
Monifieth, ein seltsamer Name. Man wagt es gar nicht auszusprechen, denn sicher macht man es falsch. Es gibt so viele schottische Namen, die komplett anders ausgesprochen werden als man sich das vorstellt, auch wenn man noch so gut Englisch spricht. Da ich großes Interesse an Linguistik habe, suche ich bei einer kleinen Pause nach der Bedeutung dieses merkwürdigen Namens und werde fündig. Der Ort selbst ist nicht wirklich etwas Besonderes, hatte in frühen Jahrhunderten Textilindustrie. Aber welche britische Stadt hatte das nicht? Das ganze Land ist doch voll mit Schafen, immer schon gewesen, und die Wollproduktion überall eine Art Herzstück früheren Wohlstandes.
Es gibt mehrere Deutungen des Namens, und das finde ich nun immer sehr lustig. Man ist sich einfach nicht einig, somit wäre es doch auch mal angesagt, einfach gar nicht erst darüber nachzudenken. Monifieth könnte also einerseits „Fluss durch Moor und Moos“ heißen, andererseits auch „Hügel der Rehe“. Nun denn, die Bedeutungen liegen ja wahrhaft nah aneinander. Wir sind hier allerdings etliche Meilen von den Highlands entfernt und Hügel sind auch nicht auszumachen.
Ich glaube, Ortsnamendeutung wird nun doch ziemlich langweilig, also konzentriere ich mich auf meine Anlandung in Arbroath.
Leider liegen noch einige Baustellen auf dem Weg, so dass ich oft stoppen muss. Da schaut man sich derweil die Häuser an.
Links und rechts haben sie alle ihre Hausnummer zweimal angebracht. Links oben von der Tür und rechts in der Mitte neben der Tür. Haben die sich abgesprochen? Doch halt! Nummer 6 tanzt aus der Reihe. Nur einmal die Nr. 6 am Haus. Geizkragen, schottischer!!
Endlich wird es wieder ländlich. Obst- und Gemüsefelder und wahrscheinlich Kartoffelfelder liegen beidseits der Straße.
Apropos Gemüse. Ich habe die schlauen Ratschläge meiner Mitmenschen vermisst, die mir schon im vorletzten Herbst mit auf den Weg gaben, ich solle besser einen Kanister Benzin mitnehmen, da es auf der Insel keins mehr gäbe.
Jetzt gibt es Mangel an Tomaten und Gurken, aber niemand rät mir, ich solle mir Tomaten und Gurken mitnehmen, damit ich nicht verhungere.
Ich hasse Tomaten, schaue aber explizit im Supermarkt nach, ob es wirklich gar keine gibt, aber es gibt welche. Gut, nicht bergeweise, aber es gibt sie. Und Gurken auch. Vielleicht aber auch nur, weil heute Samstag ist? Ich weiß es nicht. Und ich brauche sowieso keine.
In Arbroath angekommen, reißt es mich nicht sofort vom Hocker. Die Stadt ist so gut wie völlig rot, das ist schon interessant. Genauso sind hier ja auch Untergrund und Klippen, das ist also der Baustoff.
Die Straßen sind schmal und zumeist Einbahn. Das wird natürlich für unseren großen Reisebus im Sommer eine Herausforderung. Gut, dass ich mir das hier mal ansehe.
An der Abtei, die einerseits Ruine ist, andererseits natürlich auch rot, erkundige ich mich bei einer Angestellten, wo hier Busse halten könnten. Tja, sie hatten schon Reisebusse dort, aber die Stadtverwaltung will einfach keinen Parkplatz dafür anlegen, so dass man die Gäste einfach an der Straße rauslassen soll.
Es mag dann also so kommen, dass ich mein Programm anpassen muss, wenn man uns nicht will. Es ist aber schon schade, denn der Küstenwanderweg oberhalb der Klippen ist wirklich wunderschön. Ich bin ihn eine Stunde lang gegangen. Man kommt an fantastischen Felsformationen vorbei, die so spannende Namen wie „Kirche der Meerjungfrau“ oder „Teufelskopf“ tragen.
Der Stechginster fängt gerade an zu blühen, bald wird der Wegesrand schön gelb leuchten.
Ein Gezeter ist zu hören, denn hier geben sich die unterschiedlichsten Möwenarten die Klinke in die Hand und drehen eine Runde nach der anderen, haarscharf an den Klippen vorbei. Das Panorama ist herrlich. Die Sonne beginnt ganz langsam, sich abzusenken und taucht alles in ein gelbliches Licht. Austernfischer, diese kleinen schwarz-weißen Vögel mit den dünnen roten Schnäbeln, spielen auf einer Wiese Fußball. So scheint es jedenfalls, denn sie rennen flink zwischen zwei Toren hin und her. Ein umher tobender Hund setzt dem Fußballspiel ein Ende, obwohl ihn die Vögel nicht den Deut interessieren, sondern sein Blick einzig und allein auf sein Stöckchen gerichtet ist, das er erlegt hat.
Aber die Austernfischer kommen wieder, sobald er weg ist. Es ist schließlich ihr Fußballfeld.
Ich verlasse Arbroath und komme dabei durch eine Straße, in der es viele Shops mit „Smokies“ gibt. Für die „Arbroath Smokies“, geräucherte Fische, ist der Ort bekannt.
Ich finde erstens keinen Parkplatz mehr, zweitens fehlt die Zeit und drittens hatte ich bereits Joghurt mit Obst aus dem Supermarkt und möchte abends noch essen gehen. Also fallen die „Smokies“ aus. Im Sommer werde ich aber welche kaufen und meinen Gästen zum Probieren geben. Nachdem ich in Arbroath selbst keine Chance für unseren Bus gesehen habe, klappt es mit der Zufahrt zum Parkplatz bei den Klippen allerdings gut, und dort steht auch eine Bude mit Fisch, die im Sommer sicher geöffnet ist. Dann gibt es kein Halten mehr, und der Räucherfisch wird getestet.
Mein Tagesziel heißt „Lunan Bay“ und das „Lunan House Hotel“. Das liegt wirklich abseits, und je mehr mich mein Navi in die Pampa führt, desto mehr denke ich mir, wer wohnt denn hier?
Eine Ruine taucht auf. Na, das wird ja wohl nicht mein Hotel sein!? Es war aber mal eine Burg. Sie ist sowas von leuchtend rot, das ist ein Hingucker. Auf der Karte lese ich dann, sie heißt "The Red Castle". Ach was!!
Viel mehr kommt dann auch nicht mehr, aber glücklicherweise doch noch mein Hotel. Und eine Kirche. Und ein Fluss. Und eine Brücke. Der Blick von dieser über das Wasser hin zur Kirche ist atemberaubend. Ich muss unbedingt ein Foto machen, denn wer weiß, wie schnell die Sonne gleich absackt, dann ist es dunkel. Und jetzt gerade ist noch alles so schön gelb-orange. Deswegen checke ich auch nicht sofort ein, sondern wandere zum Fluss hinunter, um noch Aufnahmen einzusacken. Wie aus einer anderen Welt stehen dort 5 Skulpturen in schneeweiß: 2 Löwen, 2 Bulldoggen und 1 Schwan. Sie sehen aus als hätte man sie aus dem Garten eines prunkvollen Schloss hierher transportiert. Ein echter Stilbruch, aber interessant.
Es ist Zeit einzuchecken. Mit einem Lächeln werde ich empfangen, um kurz darauf zu hören, dass mein Zimmer nicht reserviert wäre. Ich kann das Gegenteil natürlich beweisen, denn als Touristikerin bin ich erstens ein Perfektions-Nerd und zweitens sowieso vollstens mit allem ausgestattet was man zur Beweissicherung braucht.
Die Rezeptionistin übermittelt mir allerdings die Nachricht in einem solch entspannten, freundlichen Ton, dass ich bereit bin zu antworten: „No worries, ich schlafe gern unter der Brücke. Die habe ich eben schon fotografiert, sie sieht wundervoll aus.“
Ich bekomme natürlich ein Zimmer, aber erst einmal muss der Manager angerufen werden. Diese Manager, von den Mitarbeitern immer als „my manager“ betitelt, sind dann immer die Entscheider für alles, die Helden und in diesem Fall, so sagt die Rezeptionistin, der „Star“.
Am Rande sei hier erwähnt, dass auch die Mitarbeiterin am Europcar-Flughafenschalter wegen meines angefragten Upgrades erst „my manager“ fragen musste, und der hat gesagt, ich bekäme ein Upgrade zum Sonderpreis. Komisch, sie hat eigentlich gar keinen angerufen, sondern einfach nur in der auf dem Tisch liegenden stehenden Autoschlüsselsammlung gekramt. Anyway, wie der Brite sagt, die Rezeptionistin weist mich darauf hin, dass man natürlich das Zimmer noch nicht für mich vorwärmen konnte, es wäre leider kalt, ich solle mal die Heizung kräftig aufdrehen während ich zu Abend esse. Vor lauter Furcht, in der Nacht aber den Hitzetod zu erleiden, lasse ich das. Und wir haben ja schließlich eine Energie-Verantwortung.
Das Bett hat eine gute, hohe Matratze und ein dickes Oberbett. Dazu vier Kissen. Was will man mehr?
Das Haus kann ich schon empfehlen, es ist vor allem sehr preiswert, mit nur 60 Pfund für ein Doppelzimmer zur Alleinbenutzung inklusive Frühstück bin ich dabei. Buchen hier 2 Gäste ein, ist es nochmal vorteilhafter. Eine wohltuende Ausnahme in diesen Zeiten und vor allem in diesem Land.
Die Zimmer sind hell und freundlich, auch wenn es wie üblich eine Zeit dauert, bis man sie gefunden und treppauf- und ab einen Hürdenlauf durch die verwinkelten Gänge absolviert hat.
Der Teppichboden ist gepflegt, was nicht immer der Fall ist. Leider Gottes klebt man in der hiesigen Hotellerie noch am Teppichboden, was mir immer wieder unverständlich ist. Aber, oh Wunder, dieser hier ist noch nicht einmal kariert. Ich bin überrascht.
Glücklicherweise holt mich im Badezimmer dann doch wieder etwas ein, was eigentlich auch unverständlich, mir aber schon ans Herz gewachsen ist, und ich bin jedes Mal richtig enttäuscht, wenn es mal anders ist: Keine Mischbatterie, sondern zwei Wasserhähne. So angebracht, dass die Hände kaum darunter passen. Einzig das sonst üblicherweise wirklich kochend heiße Wasser stellt sich nicht sofort und auch nicht so heiß ein. Das ist auch gut so. Und während ich da so sitze (keine Details…) sehe ich auch, dass der Fliesenleger sich wohl wieder einmal dachte, ganz oben unter der Decke, da komme ich eh nicht so gut dran, da müssen die Fugen auch nicht mehr wirklich akkurat ausgefüllt werden. Ist doch egal. Bisschen Fugenmasse draufgeklatscht und lässig verteilt. Guckt sowieso keiner hin. Sorry, ich entschuldige mich höchst britisch bei den Briten für diese „naughty“ Feststellung, aber ich erlebe es einfach zu oft und verstehe überhaupt nicht, wie Fachleute so arbeiten können. Das kann einer Firma doch nicht gut genug sein und dem Hotelier, der dafür bezahlt, doch eigentlich auch nicht.
Aber sehen wir es mal so: Was wäre das für eine Enttäuschung, wenn sich auf einmal die guten alten Gepflogenheiten und Traditionen ändern würden? Dann wäre ich auch nicht zufrieden, oder? Und wenn der/die Deutsche nichts zu bemängeln hat, ist das ja auch nicht normal. So, nun haben beide Länder ihr Fett abgekriegt.
Zum Abendessen gibt es Fish&Chips. Eigentlich wollte ich mich zurückhalten und Gemüse oder Salat essen, aber hier gibt es leider nicht viel für Vegetarier, also wird es ein Fisch. Der ist bei mir erlaubt. Das Stück Fudge, das mir zum Espresso danach gereicht wird, lasse ich liegen. Ja wirklich, ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder, ich lasse es liegen. Diese göttliche, zuckrige und karamellige Masse an Kalorien muss im Lunan House Hotel bleiben und nicht meine Magenwände auskleiden.
Im Zimmer angekommen fällt mir ein, dass für Schottlands Norden an einigen Tagen Nordlichter angekündigt sind. Soll ich jetzt wirklich nochmal zum Strand runter gehen, der nicht weit entfernt ist? Im Dunkeln? Nein, soll ich nicht. Ich schaue aus dem Fenster. Wenn es jetzt irgendwo grün wird, dann werde ich es sicher von hier oben aus sehen. Oder auch nicht. Für die nächsten Tage soll auch noch was kommen.
Und das Orange am Abend war schließlich auch toll
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