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  • VON DER ARMY ZUM FARMER - VIEL SCHÖNES IN DEN TROSSACHS

    Meine letzten beiden Nächte verbringe ich auf einer Farm in den Trossachs. Die liegen westlich von Stirling mit leichter Anbindung von Edinburgh aus. Von Edinburgh aus geht es zunächst Richtung Bannockburn, wo ich mir das Informationszentrum zur berühmten Schlacht anschauen möchte. Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts haben sich die Schotten und Engländer mehrere Schlachten in dieser Region geliefert, und immer ging es natürlich um Macht, Unabhängigkeit und Königskrone. Hätten die Schotten doch nicht den englischen König Edward I um Hilfe gebeten, einen neuen König zu bestimmen, nachdem ihr eigener keine Nachkommen mehr hatte. Da „hilft“ man als südlicher Nachbar doch nur allzu gern! Hätten die Schotten am besten nicht schon in frühen Jahrhunderten dauernd englische Prinzessinnen geheiratet! Da war doch der englische Anspruch auf den schottischen Thron nur eine Frage der Zeit. Hätte, hätte…. Aber so war das halt früher, man verheiratete Kinder innerhalb der Adelshäuser was das Zeug hielt, um unter anderem auch für Frieden zwischen Adelshäusern und Ländern zu sorgen. Ein edles Motiv, aber wie man sieht, klappt das nicht immer. 1314 stehen sich also Engländer und Schotten in Bannockburn gegenüber. In den 17 Jahren seit der Schlacht von Stirling Bridge hat sich das Gebiet zwischen den Flüssen Bannock Burn und Forth nicht wirklich verändert, es lag immer noch sumpfig dort wie eh und je, also eine Gefahr, darin zu versinken. Genau das passierte auch wieder bei dieser Schlacht, welche die Engländer trotz Überzahl verloren. All das erzählt der Guide während einer Tour so lebendig, als wäre er selbst dabei gewesen. Dummerweise hält mich aber sein extremer schottischer Dialekt, sowie die etwas undeutliche Aussprache durch seine möglicherweise hinderlichen sehr dicken Lippen davon ab, alles genau zu verstehen. Aber wenn man die Geschichte kennt, hört man ihm dennoch begeistert zu. Um in die Ausstellung zu gelangen, bei der man am Ende virtuell mitten im Schlachtengetümmel steht, muss man eine Führung buchen, ansonsten gibt es neben viel grüner Rasenfläche, Ausblick auf Stirling, das Wallace Monument und einer Rotunde mit Fahnenmast und Robert-the-Bruce-Statue nicht viel zu sehen. Um Stirling mache ich einen Bogen, obwohl ich die Stadt jedem empfehlen kann. Die Aussicht von der Burg und der Bau selbst sind wunderbar, die Stadt hat wirklich schöne alte Häuser, eignet sich auch zum Schaufensterbummel, und der Friedhof oben bei der Kirk of the Holy Rood ist ein magischer Ort. Zwischen Köpfungsstein in Burgnähe und der alten Brücke am Fluss Forth ist die Gin-Destille ebenfalls interessant. Durch das Naturschutzgebiet Flanders Moss, einer Ebene, die ganz fantastisch von Bergen eingerahmt wird, mit einem kurzen Abstecher zu einer Alpaca-Farm (geht so…) nähere ich mich den Trossachs. Je mehr ich in diesen Nationalpark hineinfahre, desto mehr merke ich, dass es nach der Region um den Loch Tay meine Lieblingslandschaft werden könnte. Und genau so kommt es auch, denn mein Cottage auf der Farm ist absolut empfehlenswert, bietet eine Aussicht, die ihres Gleichen sucht und hat darüber hinaus eine sehr gute und gemütliche Ausstattung. Der Tag ist sonnig-strahlend, wenn auch eiskalt, und ich entscheide, nach der Farmtour mit dem Besitzer einfach im Wintergarten des Cottages hocken zu bleiben und die Landschaft zu genießen. Anmerkung: Die Farmtour war mit dem Besitzer, im Wintergarten saß ich dann ganz alleine - verflixte Satzstellungsfallen. Matt hat vor 10 Jahren mit seiner Frau das Gelände gekauft. Natürlich möchte ich wissen, was so etwas kostet. Es waren 735.000 Pfund nach damaligem Wert. Matt erzählt, dass er für die Regierung gearbeitet hat, und natürlich werden einige Gespräche dann auch politisch. Diese Regierungsarbeit stellt sich als Soldat für die Army heraus, er war im Irak-Krieg und wollte irgendwann keine Menschen mehr sehen, oder nur ganz wenige. Als gebürtiger Südengländer zog er dann in die Heimat seiner Frau, nach Schottland. Jetzt zeigt er mir seinen Besitz und erklärt alles Mögliche, und alles davon finde ich interessant. Es ist keine Farm im klassischen Sinne, die als Existenzgrundlage Fleisch und Milch produziert und verkauft, sondern er hält und züchtet Hochlandkühe, von denen die meisten Kälber verkauft werden, weil er sie ja nicht alle behalten kann. Doch warum eigentlich nicht? Das Gelände ist groß genug für hunderte von Kühen. Die Kühe haben Namen wie Farben, Blondie, Caramel, Brownie usw. Diese Namen unterstreichen die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Fellfarbe wahnsinnig gut in die Landschaft passen. Die Trossachs sehen um diese Jahreszeit (März, aber auch über die Wintermonate) einfach fantastisch aus. Ich würde normalerweise sagen, macht die Augen zu und versucht, meine Beschreibung in Gedanken in eigene Bilder umzusetzen, aber dann kann man ja nicht weiter lesen. Ich finde eine farbliche Mischung aus verblasstem Grün, kräftigem Ocker, Rostrot und verschiedenen Braun- und Grautönen vor. Die Wolken, die schnell ziehen und mal mehr oder weniger viel blauen Himmel freigeben, verändern ständig die Intensität der Farbtöne. In der Ferne schimmern die Berge dunkelbraun bis schwarz, fangen aber mit der Sonne an, ockerfarben zu glänzen. Die Bäume, von denen Matt zum Erhalt der Umwelt und Sauerstoffproduktion etliche selbst angepflanzt hat, weisen viele Flechten auf, ein Indikator für gute Luft. In der Ferne wirkt diese Flechtenschicht silbern und verleiht den Brauntönen der Hügel einen mystischen Akzent. Mit dem Farm-Buggy geht es über Stock und Stein die Hügel hinauf. Die Aussicht wird immer fantastischer. Wir kommen den Hochlandkühen ganz nah, sie werden gegen 10 Uhr gefüttert. Es wird morgens schon während meines Frühstücks heftig ge-muuuuht vor meiner Tür, denn die Kühe haben auch breakfast time. Man erkennt sofort die Chefin der Truppe, ein rostbraunes Modell (es gibt sie auch in schwarz und cremefarben), die voran trabt und die Herde auf Essen ein-muuuuht. Verfüttert wird nur, was aus Schottland kommt, denn das ist diese einheimische Tierart schließlich wert. Immerhin danken sie es auch mit extremer Robustheit, denn sie können bei Wind und Wetter, auch bei Schnee und Eis, draußen stehen und halten das aus. Sie gelten auch als Landschaftspfleger, so daß Matt gar keine Schafe braucht, die sein Gelände abfressen. Der extrem wuchernde Farn erliegt den Hufen des gehörnten Pflegepersonals. Zwei Schafe hat Matt aber geschenkt bekommen. Sie heißen Larry and Sally. Sehr weit oben am Hang erlebe ich dann auch noch ein Stück Landesgeschichte. Die Universität von Edinburgh hat vor einigen Jahren hier alles sozuagen durchgeröntgt auf neolithische Relikte und dabei sogenannte Cup-and-Ring-Markierungen entdeckt. Sehr verblasst, aber dennoch zu erkennen ist diese Felskunst, bei der die Menschen Bilder in den Felsen eingraviert haben. Eine noch als ehemaliges Haus zu erkennende Steinansammlung erinnert an die Zeiten der Highland Clearances. Ende des 18. Jahrhunderts bis ins 19. hinein wurde die Landbevölkerung vertrieben, da der Landlord mehr Profit darin sah, Schafe anzusiedeln. Bauern wurden an die Küste gedrängt und sollten dort alternativ vom Fischfang leben. Schwer vorstellbar, einen Bauern umzulernen. Diese Landräumung wurde oft gewaltsam durchgesetzt, Häuser blieben zurück und wurden dem Verfall preisgegeben. Solche Reste sieht man noch auf Matt´s Farm. Wir stehen in einer solchen Ruine und sinnen über die Vergangenheit. Aber auch Matt kann heute nicht allein von der Farm leben. Aus seinen Antworten auf meine vielen Fragen höre ich heraus, dass es, ich will mal nicht sagen Hobby ist, sondern eher eine Passion mit dem Gedanken, mit wenig auszukommen und sein Land zu genießen. Nun als pensionierter Army Officer wird er keine schlechte Rente bekommen und kann diese glücklicherweise nach den Kriegseinsätzen noch unversehrt genießen. Ich schätze ihn auf maximal 50 Jahre, 10 Jahre hat er die Farm, also dürfte er mit 40 in Rente gegangen sein. Seine Nachbarin nutzt ein Stück Land von ihm, das er ihr kostenfrei für ihre Schafe zur Verfügung stellt. Sie möchte im Gegenzug gern Lammfleisch an seine Familie liefern, doch das mögen alle außer Matt nicht, und er besteht auch nicht drauf. Also scheint er vollkommen gut klarzukommen. Der Tourismus bringt das Übrige, denn die vier Cottages bringen ordentlich was ein. Am Nachmittag zieht es mich aber doch aus dem Cottage in die Landschaft. Vom Trossachs Pier aus unternehme ich eine Bootsfahrt auf dem Loch Katrine mit Rob Roy. Das ist natürlich der Name des Bootes und erinnert an die wohl bekannteste Persönlichkeit des MacGregor Clans. Was immer er nun wirklich war, ein Wilddieb oder eine Art schottischer Robin Hood, seine Heimat ist jedenfalls ein Traum und für Wanderfans ein absolutes Muss. Der Hauptsee der Trossachs ist Loch Lomond, doch habe ich es dort in der Hauptsaison schon extrem voll erlebt, denn er gehört zum Naherholungsgebiet der Glaswegians. Ich bilde mir ein, am Loch Katrine ist es nicht so extrem, kann mich hier aber sehr täuschen. Ich halte es dennoch für sehr schön, wenn man ein wenig abseits wandert und nicht unten am See bleibt. Vom Wintergarten meines Cottages aus schaue ich dem Sonnenuntergang zu und bin durch zu viel Sauerstoffzufuhr sehr müde. Die Heilan-Coo-Chefin muuuhhht schon wieder. Wie? Schon wieder Hunger? Aber es ist tatsächlich schon Morgen und das Cow-Breakfast ist fällig. Du meine Güte, dann muss ich ja abreisen! 10 Tage sind wie im Fluge vergangen, und ich hatte mir wirklich viel vorgenommen. Allen, die auf der Suche nach Touren innerhalb Schottlands sind, möchte ich natürlich einen wesentlich längeren Aufenthalt empfehlen, denn das was ich in 10 Tagen abgegrast habe, war dienstlich mit Sprenkeln von Urlaubsfeeling. Die Runde von der Ostküste, durch die Speyside und runter in die Trossachs, teils mit Mietwagen, teils mit dem Zug, ist wirklich empfehlenswert. Und wenn dann nochmal die Orkneys dazu funktionieren, ist es ein Traum. Zum Schluss kann ich nicht leugnen, dass ich mich natürlich sehr freuen würde, für den einen oder die andere eine Tour planen zu dürfen. Zudem steht auch eine Idee zusammen mit Till an, für die Mitglieder der Facebook-Gruppen eine Minigruppentour anzubieten. Die Admins der Gruppen haben es freundlicherweise zugesagt, dass wir das bewerben dürfen. Es wird eine Reise mit privatem Charakter, aus Schottlandliebe heraus, und wir möchten euch gern begleiten und führen. Und wenn wir dann noch Edinburgh einbauen, möchten wir euch gern von Melli durch diese wundervolle Stadt führen lassen.

  • „THE GREAT TAPESTRY OF SCOTLAND“ UND DER TAG DER GESPRÄCHE

    Habe ich eigentlich ein Schild vor der Stirn, auf dem steht "Sprich mich jederzeit an - mit allem, was du auf dem Herzen hast"? Freundliches Augenzwinkern, hier geht es um die Gesprächsbereitschaft der Schotten, oder der Briten ganz allgemein. Ich besuche gerade das Highlight von Galashiels, das gigantische Stickwerk The Great Tapestry of Scotland, über das ich auch im weiteren Verlsuf dieses Blogposts berichten werde, wenn man mich endlich mal in Ruhe gucken lässt. Galashiels kann man bequem mit dem Zug von Edinburgh in einer knappen Stunde erreichen. Kostenpunkt pro Strecke aktuell € 12,- . Da ich noch nichts gefrühstückt habe und es mittlerweile 11:30 h ist, setze ich mich erstmal in das sehr ordentliche Café des Museums auf einen Kaffee und ein Sandwich. Völlig unerwartet, als ich gerade total versunken in mein Essen starre, spricht mich eine ältere Dame an und fragt, ob ich schon einmal hier war. Nein, es ist das erste Mal. Sie erklärt mir daraufhin, dass sie eine Jahreskarte hat und regelmäßig vorbeischaut. Dann kommt die volle Erklärung, was es da in der ersten Etage zu sehen gibt. Genau das möchte ich ja selbst herausfinden, höre aber freundlich-geduldig zu. Nachdem wir bis zur Schlacht von Stirling Bridge schon einige Jahrhunderte schottischer Geschichte durchgekaut haben, eise ich mich mit einem milden "Sorry" auf den Lippen endlich los, um mir selbst ein Bild zu machen. Oben beim Eingang bekomme ich noch einmal eine Erklärung. Diese Dame hat mein vollstes Verständnis, denn sie arbeitet hier und muss das tun. Und während ich so durch die Reihen der Ausstellung gehe, spricht mich wieder eine Dame an. Von hinten, ganz unvorbereitet, wo ich gerade über die gestickten toten Leiber der Jakobiter erschüttert bin. Ob mir das gefällt, will sie wissen. Wie meinen? Ob es mir gefällt, dass die Jakobiter abgeschlachtet wurden oder ob mir die Sticktechnik gefällt? 1000 des Stickhandwerks kundige Menschen aus allen schottischen Regionen wurden mit je einem Thema aus Geschichte oder Kultur beauftragt. Die Vorlage wurde auf einem großen Stoffquadrat angeliefert und die farbliche Ausgestaltung, sowie die Stickmuster überließ man den Stickkünstlern. Etwas über 160 Panele ergeben seit 2013 die nahezu vollständige schottische Kultur und Geschichte in Bildern. Da geht es um Kriege, Tragödien, Sport, Relgion, Monarchen, Wikinger, Römer usw. Es ist schwer zu beschreiben, wie wunderschön das ist. Mit einer der bereitgestellten Lupen inspiriere ich gerade, wie ein Engländer im Fluss Forth untergeht während der berühmten Schlacht von Stirling Bridge (siehe Bild oben). "Sticken Sie?" fragt es von der Seite? Nein, aber ich stricke, und das mit Nadeln Nummer 10, das kann ich ohne Brille sehen. Sticken ist mir zu pfriemelig. Das mit der Nadelnummer sage ich aber nicht laut. Meine Gesprächspartnerin und ich werden uns einig, dass es eine hohe Kunst ist, die uns da präsentiert wird. Mary Queen of Scots ist dabei, Queen Elizabeth II auch, Klonschaf Dolly, der Jakobiteraufstand, eigentlich sogar mehrere, die ganzen schottischen Wissenschaftler und Denker der Aufklärung, und davon gibt es wahrhaft viele. Sogar eines der wichtigsten kulturellen und traditionellen Güter, eine Whiskydestille, findet sich in Stickgarn gehüllt an der Wand wieder. Das Wasser des Lebens fließt in Form eines goldenen Garns in einen Bottich. Nachdem das Wunderwerk einige Jahre durch verschiedene Ausstellungsorte gereicht wurde, hat man es letztlich in Galashiels fest installiert uns extra ein Gebäude dafür errichtet. Auch hier hat sich der Architekt etwas bei gedacht, denn die Form des Museumsdsches soll die verschiedenen Dächer und Giebelformen der umliegenden Häuser reflektieren. Ich reflektiere auch mal und stelle fest, ich kann das nicht feststellen. Ich bin ja auch nicht kunstschaffend unterwegs. Das etwas verschlafene Galashiels hat man als Standort ausgewählt, da es schon immer eng mit der Textilindustrie verbunden war. Ich löse mein Zugticket zurück nach Edinburgh und begebe mich zum Bahnhof. Da ich anscheinend einen Gesichtsaussdruck habe, der sagt "sprich mich an", robbt sich eine Frau mit 3 Reisetaschen an mich heran und sagt.... irgendwas. Ich habe sie nicht verstanden, und es stellt sich heraus, sie kommt aus der Gegend um Glasgow, was meine linguistischen Fähigkeiten total aushebelt. Diesen Dialekt kann ich kaum verstehen. Als ich ihr sage, ich hatte sie nicht verstanden, hört sie, dass ich aus dem Ausland komme. Ob sie damit nun Edinburgh oder Deutschland meint, ist mir schleierhaft. Sie spricht langsam weiter und erzählt mir, dass schon 3 Züge ausgefallen sind. Einfach so gecancelt. Und nun steht sie da, mit ihrem Gepäck. Und hat noch so einen langen Weg vor sich. Erzähl mir nichts von ausgefallenen Verbindungen! Hatte ich selber die Woche zur Genüge! Das verrate ich ihr aber nicht, sonst komme ich aus dem Gespräch nicht mehr raus. Immerhin nehmen wir denselben Zug und hätten eine Stunde Zeit. Grundsätzlich freue ich mich, mein Englisch "am Laufen" zu halten, aber heute ist mir einfach nicht nach Small Talk. Dann sitze ich endlich im Zug und staune über die sich abwechselnden Abschnitte mit Schnee, kein Schnee, Schnee, kein Schnee. Da mein Blick sich nicht abwendet von der Landschaft, bringt das einen Herrn dazu, mir zu sagen: "Schön weiß, ist es nicht?" "Yes, it is ... Indeed." In Edinburgh angekommen bummele und ich durch alle möglichen Geschäfte. Wenn ich mit meinen Gruppen unterwegs bin, läuft man ja immer nur vorbei, denn es geht schließlich um die Sehenswürdigkeiten. Jetzt aber ist jedes einzelne Lädchen dran, egal was die darin anbieten. Einzig diese etwas nach Plastik- und Synthetikmaterialien müffelnden Einheitsbuden lasse ich aus. Theoretisch wäre ich jetzt eigentlich auf den Orkney Inseln, aber da ich in Edinburgh gestrandet bin und dort schon viele, viele Male war, fällt mir heute nichts Besseres ein als Extrem-Shopping. Männern, die jetzt den Kopf schütteln und an einen Kaufrausch denken, sei erklärt, dass "Shopping" nicht gleichzusetzen ist mit "kaufen". "Shopping" heißt zunächst einmal "angucken, anfassen, weglegen, nochmal gucken und eventuell kaufen". Endlich ein Geschäft mit schönen Mützen. Ich probiere alle möglichn Farben aus und werde prompt von der Seite angesprochen. Eine ältere Frau, also noch älter als ich, verrät mir mit flüsternder Stimme, dass sie die blaue letztens für ihre Tochter gekauft hat. Die steht ihr so gut! Das ist ja ganz wunderbar für die Tochter, denke ich, sage aber, ich fände die blaue auch am allerschönsten, aber leider steht sie meinem Haar nicht. In einem Charityladen werde ich dann wenigstens für ein Event in unserem Büro fündig. Ganz allein und in Ruhe suche ich eine Flaggenreihe, Cupcake-Förmchen, King Charles-Servietten und zwei total irre Fascinator aus. Am 6.5. gibt's bei uns nämlich "halb-public viewing" für die Grossbritannienliebhaber unter unseren Kunden, und da muss doch wenigstens ordentlich dekoriert werden. Ich gehe zur Kasse und komme mir auf einmal sehr komisch vor mit meinen Servietten mit Charles-Portait und dem ganzen royalen Gedöns. Die Kassiererin lächelt milde, spricht mich aber nicht an. Daraufhin dränge ich ihr ein Gespräch auf, nur um gleich mal völlig klarzustellen, dass das nur Deko für mein Reisebüro ist. Es scheint sie nicht zu interessieren. Na dann...

  • ORKNEY ODER NICHT ORKNEY, DAS IST HIER DIE FRAGE

    Nach einer kleinen dienstlichen Runde über Brodie Castle, Inverness und Invergordon übernachte ich in Inverness, da ich nach Kirkwall auf die Orkney-Inseln fliegen möchte. Die schottische Airline Loganair hat ein überaus schönes Heck mit Tartan des Clan Logan drauf und viele verschiedene Flüge im Angebot, die in der Regel auch stattfinden. In Inverness übernachte ich nur zwangsweise, da es eben vom dortigen Airport auf die Inseln geht. Die Orkneys können auch per Fähre z.B. von Scrabster ganz im Norden erreicht werden, doch fehlt mir bei dieser Tour die Zeit dazu und außerdem hatte ich letztes Jahr das Pech, dass zwei Inselverbindungen wegen Sturm gecancelt wurden. Erstaunlicherweise fliegen Flugzeuge dann doch eher durch Wind und Wirbel. Daher auch die Entscheidung für den Flug. Bei einer längeren Urlaubsreise wäre die Entscheidung anders ausgefallen. 1,5 Stunden dauert z.B. die Verbindung mit der Fähre nach Stromness auf Mainland Orkney, und ich möchte sie sogar als recht preiswert bezeichnen. Je nach Saisonzeit kostet es ca. 20 Pfund pro Strecke (plus PKW-Kosten). Auch wenn der Platzhirsch bei den Fährverbindungen Caledonian MacBrayne ist, so wird man ganz im Norden von North Link Ferries befördert, die übrigens auch die Shetland Inseln bedienen. Doch zunächst einmal gehört die Nacht Inverness. Genau, sie gehört Inverness alleine, denn ich bin ja am Flughafen. Mit Blick auf die Landbahn, wo einige Loganairs ihre Flügel zur Ruhe gelegt haben, suche ich mir schonmal eine Maschine aus, von der ich denke, dass sie nach Kirkwall fliegen wird. Meinen Leihwagen habe ich am Airport abgegeben, nachdem ich es irgendwie geschafft habe, auf den unbemannten Parkplatz zu kommen, ohne den Code für die Einfahrtschranke genannt bekommen zu haben. Wenn niemand mehr von der Mietwagenfirma vor Ort ist, wirft man den Schlüssel in einen Briefkasten in der Ankunftshalle… und hofft, dass nicht im Nachhinein jemand behauptet, man hätte das Auto geschrottet. Das ist mit der Zusatzversicherung nach deutschem Recht aber auch kein Problem, denn die würde alles ohne Wenn und Aber erstatten, es sei denn, man hat sich auf verbotenen Straßen bewegt und zu viel riskiert. Zusatzkosten (Einwegmiete) für die Rückgabe an einem anderen Airport fällt in der Regel nicht an, vorausgesetzt, man mietet nicht gerade in London an und gibt den Wagen kurz vor den Orkneys wieder ab. Nordlichter gab es übrigens wieder nicht oder ich habe sie verschlafen. Das ist alles egal, denn ich komme endlich auf die Orkneys, und nur das zählt. Ich habe ein sehr schönes Hotel empfohlen bekommen und habe mich zudem mit zwei zugewanderten Orcadians, so heißen die Einwohner dieser Inseln, zum Abendessen verabredet. Mit einigen Besichtigungsplänen für künftige Touren im Kopf soll dann der Folgetag absolviert werden. Kann es etwas Schöneres geben, als in freudiger Erwartung auf Neuland am Flughafen zu sitzen und auf den Check-in zu warten? Der Flug wird sogar als on time, also pünktlich, auf der Tafel angekündigt. Und um zu testen, ob die Anzeigetafel auch einwandfrei funktioniert, stellt man direkt 3 Minuten später den Flug auf delayed, also verspätet, um. Das macht so gut wie gar nichts, denn ich bin hochmotiviert. Und hungrig, denn das Frühstück habe ich statt im Flughafenhotel lieber auf ein schönes Café in Kirkwall verschoben. Der Flug wird als noch mehr verspätet angezeigt. Ich überbrücke das und meinen Hunger mit einem Kaffee und setze mich an mein Laptop, um einen Kundenauftrag für eine Island-Individualreise zu bearbeiten. Es geht doch nichts über praktisches Handeln und perfekte Zeitnutzung. Allerdings sehe ich auch, dass ein anderer Flug, der eigentlich um 7:25 h nach Stornoway auf Lewis&Harris gehen sollte, nun gerade erst um 9.30 h abgefertigt wird. Da steht mir also sicher einiges bevor. Die Mitarbeiter des Flughafens beginnen dann, Verzehrgutscheine zu verteilen. Auch das ist ein Zeichen, dass es so schnell nicht losgehen wird, doch was lange währt, wird endlich gut, die Maschine ist angekommen und wir werden eingeladen. Die Sicherheitsvorkehrungen an Bord dürfen wir uns noch anhören, dann gibt der Pilot durch, dass Schneemeldungen von den Orkneys eingetroffen sind, was den Flug verzögert. Die Stewardess verdreht die Augen, und eigentlich müsste ich jetzt schon ahnen was Phase ist. Kirkwall meldet erneut Sichtprobleme. Es muss weiter gewartet werden. Der Pilot ist mit echt britischem Humor zur Stelle und überzeugt seine Passagiere, dass es doch viel mehr comfortable ist, die Verspätung in der Abflughalle zu genießen statt im Flieger. Also Treppe wieder an den Flieger, Türen auf und alle raus. Es gibt wieder einen Verzehrgutschein. Da habe ich also schon wieder das Mittagessen auf den Orkneys eingespart. Man muss das einfach pragmatisch sehen. Genauso handelt dann auch die Airline und sagt den Flug kurzerhand ab. Obwohl natürlich die Sicherheit vorgeht und das alles total einleuchtend ist bin ich hin- und hergerissen zwischen sauer sein und enttäuscht. Ich wollte mich beim Ring of Brodgar in prähistorische Zeiten katapultieren lassen, wollte mich bei Skara Brae davon überzeugen, dass es sich heute doch um einiges komfortabler wohnen lässt als in der Jungsteinzeit, und ich wollte sehen, wie ein italienischer Kriegsgefangener, für den die Orkneys die Hölle waren, sich mit einer Kapelle letztlich ein Stück Himmel geschaffen hatte. Statt also zu der ersehnten Insel zu fliegen, richte ich mein Laptop-Büro kurzerhand am Flughafen ein und plane komplett um. Drei Tage müssen nun irgendwie anders gefüllt werden, um am besten noch so, dass ich nicht schon wieder dasselbe sehe wie bei vielen anderen Touren auch. Und Inverness gehört dabei nicht zu meinem Sehnsuchtsziel, denn diese Stadt mag ich einfach nicht. Es ist ja durchaus möglich, dass ich dort Wohnenden Unrecht tue, weil es sich dort vielleicht gar nicht so schlecht leben lässt, aber ich betrachte Landschaften, Regionen und Städte mit dem touristischen Auge, und dem wird hier leider wenig bis nichts geboten. Als Ausgangsbasis für Unternehmungen zum Loch Ness, dem berühmten Schlachtfeld von Culloden, zur etwa 4000 Jahre alten Megalithanlage Clava Cairns oder zum interessanten Cawdor Castle ist es ideal gelegen, doch das Stadtbild selbst ist keine touristische Besonderheit. Auch wenn ein Spaziergang über die Ness-Inseln im gleichnamigen Fluß hoch beworben wird, ist das nicht das erste Ziel eines Schottland-Neulings, der sicherlich ganz andere Vorstellungen im Kopf hat. Meine Planänderung steht nach etwa 15 Minuten. Klappe zu, Affe tot, bzw. Laptop zu, Orkneys gecancelt. Auch wenn ich also für diesen Bericht nichts Sehenswertes im Gepäck habe oder wunderprächtige Bilder bieten kann, so ist das Erlebte doch ein Hinweis an alle Schottlandreisenden, vor allem die „Neulinge“, dass man mit so etwas leider immer rechnen muss. Man benötigt ein gutes Maß an Flexibilität und Geduld, und das liegt nicht an diesem Land, sondern an der Reiseart, die eben sehr individuell und nicht pauschal abgesichert ist. Es tut meines Erachtens jeder gut daran, hier einen professionellen Ansprechpartner und Organisator an der Hand zu haben, der schnell reagieren und umplanen kann, damit man sich damit im Urlaub nicht auch noch befassen muss. Stattdessen geht man lieber eine Runde spazieren oder gönnt sich ein leckeres Gebäck mit Tee und lässt organisieren. Natürlich gibt es auch im Privaten echte Orga-Profis, doch immer wieder höre ich auch von Menschen, die von einer Schottlandreise träumen, doch ist der erste Hemmschuh schon der, dass viele sich nicht recht ans Englische trauen und nicht wirklich gut abschätzen können, welche Strecken machbar und sinnvoll sind. So, nun aber genug der Werbung. Habe ich „Werbung“ gesagt? Ach was, das sind doch alles nur Ratschläge am Rande. Auf nach Edinburgh mit dem Zug. Der fällt bestimmt nicht aus und geht pünktlich. Warten wir´s mal ab….

  • KLEINES SEGEL - GANZ GROSS

    Piccola Vela - das ist Italienisch und bedeutet "Kleines Segel".Im Hotel Piccola Vela in Desenzano am Gardasee hatte ich erstmals für unsere Saisonauftakttour 2019 Zimmer eingebucht. Nun fahren wir bald zum dritten Male hin, aber die ersten Eindrücke von vor 4 Jahren sind immer wieder eine Erinnerung wert. Bislang ist meine erfolgreichster Klassiker bei den Busreisen der Lago Maggiore, und er hat die Messlatte mit dem Hotel Cannero außerordentlich hoch gelegt. Da darf man wohl als Reiseveranstalter ein bisschen gespannt sein, wie es denn in Desenzano am Gardasee aussieht. Dem Gardasee traue ich einiges zu, den kenne ich seit Jahren und weiß, es gibt so wundervolle Orte dort, die ein Garant für eine erfolgreiche Tour sind. Aber das Hotel ist auch nicht unwichtig, und so steigt die Spannung. Der Emailkontakt mit dem Reservierungsleiter war schonmal gut. All meine Fragen werden ruck zuck beantwortet, und es scheint, als hätte ich hier wieder einen Treffer gelandet. So bestätigt es sich auch vor Ort. Ein ganz herzliches Willkommen wird uns bereitet, denn es gibt schon mal einen Begrüßungstrunk, und unsere Koffer werden auch auf die Zimmer befördert, was nicht schlecht ist, da Aufzüge in alten Villen meist gerade einmal 2 Personen mit ihren  Handtaschen befördern. So können wir unseren Cocktail genießen, während unsere Koffer unauffällig ihr Domizil für die nächsten fünf Nächte erreichen und sehnsüchtig aufs Auspacken warten. Da können sie aber lange warten! Es ist nämlich sehr schönes Wetter. Saft, Pizzette (Mini-Pizzen) und Gebäck munden nämlich ganz hervorragend auf der Terrasse. Wir sind angekommen, es geht uns gut. Ein erster Bummel durch den Ort, der um die Ecke liegt? Ach nö, es ist ganz schön schön im Hotelgarten. Desenzano kann warten. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich erfahre, dass es sich beim "Kleinen Segel" um eine einhundertjährige Villa handelt und kann es kaum glauben, denn sie sieht einfach so aus wie jedes italienische Hotel, das in den 1960er Jahren entstanden ist. Der Eindruck trügt allerdings, denn es wurde rings um die alte Villa angebaut, so dass man ohne historische Fotos nicht mehr erkennen kann, wo sich das alte Gemäuer versteckt. Der Hotelier Marco stattet mich am Ende der Reise mit zwei Büchern aus und erwartet sicherlich, dass ich die durchackere und mich weiterbilde. Ich gebe zu, das muß ich noch nachholen. Meine Gäste fühlen sich mehr als wohl und sind begeistert. Sogar die Raucher kommen auf ihre Kosten, denn sie haben einen Balkon. Desenzano ist nur einen 10-minütigen Fußweg entfernt, das finden die Gäste schnell heraus, die sich übereifrig nach dem Abendessen noch einmal an die Luft wagen. Es gibt doch immer jemanden, der den Schnitt kaputt macht und schon als allererster den Ort erkunden muß und dann Fotos in die WhatsApp-Gruppe stellt, wie schön der Hafen im Abendlicht aussieht. Hat sich derjenige einmal Gedanken darüber gemacht, dass er für die anderen den Ort entjungfert? Aber dafür lassen wir, die Faulen, jede einzelne Kalorie des Abendessens sich in unserem Körper austoben. In der Ruhe liegt die Kraft - in der Bewegungslosigkeit liegt der hart erkämpfte Bauchspeck. Abendessen! Es ist hervorragend. Kellner Nino ist überaus herzlich mit den Gästen. Aber auch seine Kollegen sind perfekt. Schon am ersten Abend gilt es als beschlossen, dass wir, wie üblich bei längerem Aufenthalt, Trinkgeld für den Service sammeln, das ich dann am Ende mit ein paar netten Worten überreichen darf. Am Lago Maggiore habe ich das mal auf Italienisch gemacht und mir vorher ein paar schöne Sätze zurecht gelegt, aber das will ich nicht nochmal machen, denn es genügt, wenn ich meine Sprachkenntnisse auf Eis bestellen und hoffentlich nicht "meine Tasche wurde geklaut" beschränke. Zum Abendessen gibt es einen Gruß aus der Küche, dann eine Vorspeise. Vor dem Hauptgang können wir noch das Gemüse- und Saltabuffet plündern. Dann sind wir satt. Tja, zu dumm aber auch, dass jetzt noch die Hauptspeise kommt. Wir werden daran erinnert, dass die italienische Vorspeise, meist Pasta oder Risotto, so reichhaltig ist, dass es für die deutschen Essgewohneheiten schon als komplette Hauptpeise durchgeht. Zumal man natürlich bei dem Angebot, die Vorspeise unter Parmesankäse zu versenken, nicht nein sagen kann und dadurch noch mehr gesättigt ist. Mein Mann, der lustigste Ehemann von allen, hat sich in den Kopf gesetzt, diese Woche mit mir vegetarisch zu essen. Schafft er sowieso nicht... Oh, schafft er doch, muß ich am Ende der Woche neidlos anerkennen. Es ist aber auch sehr einfach beim köstlichen Angebot der Speisen, die der Küchenchef des Piccola Vela auffährt. Ich nehme keine Nachspeise. Das ist Gesetz für mich auf meinen Reisen, denn sonst platze ich irgendwann aus allen Nähten. Ich korrigiere: Ich nehme keine Nachspeise, außer im Hotel Piccola Vela. Herrgott nochmal, ist doch egal! Man kann darauf nicht verzichten. Genauso wenig wie auf den Mozzarella zum Frühstück und die schön in mundgerechte Stückchen geschnittene Mango.Nachdem meinem Mann, dem nettesten Ehemann von allen, ganz unproblematisch eine Verlängerungsschnur bereitgestellt wird, damit er seinen Bus für die Gäste frisch staubsaugen kann, nachdem es an der Bar auch den von meinen Gästen so geliebten Kräuterlikör "Montenegro" gibt und die Barkeeper schon wissen, dass ich meinen Espresso gern mit etwas Milch trinke, habe ich alle fest ins Herz geschlossen und den festen Willen, noch einmal wiederzukommen. Und damit ich von diesem Entschluss auch nicht abweiche, organisiert Hotelchef Marco für uns zum Abschied am letzten Abend auf dem Dach einen Abschieds-Umtrunk. Erst jetzt stelle ich fest, dass fast alle meiner Gäste noch nicht bemerkt haben, dass auf Etage 4 ein Whirlpool und Liegen stehen, von wo aus man einen herrlichen Blick über den Gardasee hat. Eigentlich sollte es ein Geheimnis bleiben, aber nach dem Abendessen unter dem Sternenhimmel im warmen Blubberwasser zu hocken, das kann ich euch versichern, ist traumhaft. Wir genießen den letzten Abend bei Prosecco mit oder ohne O-Saft, Parmesankäsestückchen und Snacks. Überflüssig zu erwähnen, dass wir unser übliches 4-Gang-Menü noch vor uns haben. Man lässt sich hier wirklich nicht lumpen, um die Gäste abhängig zu machen. Das ist geglückt - wir sind infiziert. Die nächste Tour ist bereits in Planung. Es gibt auch wahrlich viel zu sehen am Gardasee, und was wir bereits angeguckt haben, dazu komme ich in einem anderen Post. Jetzt muß ich mich dem Prosecco und Ausblick widmen - mi dispiace!

  • BURGEN UND WHISKIES - DER WEG VON GEISTERN ZUM GEIST

    Der Weg von Geistern zum Geist ist nicht sehr lang, aber mit vielen Schlaglöchern versehen, denn die Single Track Roads in der Region Speyside (und sicher nicht nur dort) erfordern schon eine Portion Aufmerksamkeit, und so bleibt aber auch der eigene Geist fit. Mein Weg führt heute von Aberdeen über Castle Fraser und einige Whiskydestillen nach Aberlour. Ich kann nicht anders als vorwegnehmen, dass ich hier eine wundervolle Unterkunft als Empfehlung habe, doch dazu später mehr. Castle Fraser liegt quasi um die Ecke. Ich erreiche die Burg kurz nachdem sie geöffnet hat. Es ist Sonntag früh, sehr kalt und dementsprechend kaum Menschen auf dem Gelände, was mich nicht im Geringsten stört. Schon aus der Ferne ist zu erkennen, hier handelt es sich um den für Schottland typischen Baronialstil. Was ist das denn nun wieder? Ich nenne es mal simpel die schottische Variante der europäischen Neugotik, und die gehört ins 19. Jahrhundert. Man sieht noch ein für Schottlands Burgen typisches Tower House, einen Wohnturm, wie er im 16. Jahrhundert (und teils früher) gebaut wurde. An diesem sind Elemente zu erkennen, die aufzeigen, dass man sich durch etliche Jahrhunderte auf Verteidigung einstellen musste. Als man allmählich an Friedenszeiten glauben konnte, gestaltete mancher Laird seine Burg um. Elemente, die zwar immer noch an Wehrhaftigkeit erinnern, waren nur noch dekorativ. Hinzu kamen Türmchen, Zinnen, Treppengiebel und unterschiedlich hohe Dächer. Die schottische Burg wurde im 19. Jahrhundert innen mit dem Komfort der damaligen Zeit ausgestattet, und zwar gern im neugotischen Stil, also einem Mix aus allem, was es bereits früher einmal gegeben hat. Von außen blieb der Eindruck einer Burg aus dem 16. Jahrhundert. So sieht es auch bei Castle Fraser aus. Ich laufe auf das Gebäude zu, am deutlich ausgeschilderten Entrance vorbei und lande im Shop, wo mich Jamie Fraser, der Held aus Outlander, begrüßt. Hätte ich´s mir doch denken können, dass hier die Sucht der Serienfans gestillt wird mit diversen Accessoires, hauptsächlich für die Damenwelt. Diese Strickwaren à la Claire Fraser sind auch wirklich schön, aber das kann man doch schnell selbst stricken. Was ich an den Schotten so sehr schätze ist, dass es immer jemanden gibt, der eine ver(w)irrte Touristin wie mich wieder helfend in die richtigen Bahnen schiebt, sprich, mir zeigt, wo der Eingang ist. Und das mit noch weiteren Erklärungen, um das Gespräch ein wenig auszuschmücken. Er lädt mich ein, am Ende meiner Besichtigung noch einmal in den Shop zu kommen, denn erst wenn ich alles gesehen habe, macht der Besuch im Souvenirshop Sinn. Soviel Nettigkeit bringt mich sofort dazu, ihm eine Broschüre über Castle Fraser abzukaufen. Da werden sich die anderen in meinem Bücherschrank aber freuen, dass sie wieder einen neuen Nachbarn bekommen, der dann auch vor sich hinstaubt. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, sie meinen Kunden, die eine Schottlandreise buchen, zu leihen oder zu schenken, je nachdem wie meine Laune am Buchungstag ist. Ich entstaube sie sogar vorher. Da ich heute wahnsinnig viel Zeit habe, nehme ich mir die Burg ganz genau vor. Immerhin stehen in jedem zweiten Raum auskunftswillige Mitarbeiter, die einen herzlich begrüßen und in ein Gespräch verwickeln. Das nutze ich gnadenlos aus. Das Gespräch mit Maureen in der großen Halle beginnt damit, dass sie mir rät, Mütze und Schal nicht abzulegen, da es entsetzlich kalt ist. Als ich zustimme, geht es los. Ob ich schon einmal in Castle Fraser gewesen wäre. Genau darauf habe ich gewartet und antworte mit nein, denn ich möchte ja ihr ganzes Repertoire hören. Natürlich weiß ich, was eine solche Great Hall für eine Funktion hatte. Versammlung, Meeting, Empfang, Austausch. Und damit sind wir schon bei der ersten spannenden Sache, dem Laird´s Lug, das Ohr des Hausherren. Knapp unter der Decke ist ein grauer Stein ins Gemäuer eingelassen. Dahinter liegt ein Hohlraum, der von der oberen Etage aus zu begehen war. Darin hockte der Laird, um zu lauschen was unten gesprochen wurde. Man wusste ja nie, was einen erwartet. Da konntest du dich nicht einfach unters geladene Volk mischen und hoffen, die finden dich alle toll. Solche Infos aus dem wahren Leben sind doch einfach super und in meinen Augen viel besser als die Belehrung, dass die Truhe in der Ecke aus dem 16. Jahrhundert stammt. Wobei, es ist schon beeindruckend, was man in so frühen Jahrhunderten für einen Schließmechanismus bauen konnte, um die Habseligkeiten der Herrschaften sicher zu befördern. Man zog ja laufend um und nahm den ganzen Hausstand mit. Maureen erklärt, dass allerdings in dem Moment, wo eine Familie eine Burg verkaufte, weil sie umziehen musste oder wollte, das gesamte Mobiliar gleich mit in den Besitz des neuen Hausherren überging. Somit steht diese uralte Truhe heute immer noch hier. Den neuen Besitzer wird es erfreut haben, musste er doch nicht erst alles wieder ausmessen, ab ins Möbelhaus und neue Schränke und Betten aussuchen. In allen Räumen hängen jede Menge Portraits der Hausherren, aber natürlich auch einiger Monarchen, insbesondere der Stuart-Könige. Die Frasers waren bekennende Katholiken in einer Zeit, wo man das besser nicht gewesen wäre. Geheime Zeichen in den Räumen deuten auf ihre Religion hin. Übrigens ein überaus interessantes Thema, denn auch an der Außengestaltung eines Anwesens, inklusive Gärten und Form des Gebäudes konnte man ablesen, ob jemand Katholik war, doch das würde einen komplett separaten Blogpost bedeuten. Der meist fotografierte, sorry, gemalte Fraser ist Charles, der ein ereignisreiches Leben hatte. Gut sah er aus, das muss ich sagen, obwohl er mehrfach verwundet und damit körperlich wie optisch versehrt war. Im Krieg wurde ihm eine Kugel in den Kopf geschossen, doch welch ein Glück, dass genau an dem Morgen der schwarze Hut zu tief ins Gesicht rutschte. Man hatte ihn vielleicht falsch gewaschen oder was auch immer, manchmal werden Klamotten ja beim Waschen sogar weiter statt einzulaufen. Der gute Charles stopfte daraufhin einiges an Wollmaterial unter den Hut, damit er wieder ordentlich saß. Das hat die Kugel abgefedert. Kaum zu glauben, aber der Schlossgeist, pardon, der Schloss-Angestellte sagt es. Und zeigt in einer Vitrine den durchlöcherten Hut. Fakt ist, Charles hat es überlebt, um gleich darauf im nächsten Krieg sein Bein zu verlieren. Der National Trust, eine Stiftung, die sich um alles Schützenswerte kümmert, von Küstenweg bis hin zum Schloss, ist stolz darauf, dass man in Castle Fraser eine stattliche Sammlung an Beinprothesen aus der damaligen Zeit retten konnte. Eine wahrlich außergewöhnliche Sammlung. Nebenbei erwähnt ist der National Trust einer der Großgrundbesitzer der gesamten Insel, in Schottland aber dennoch weit abgeschlagen vom dänischen Milliardär Povlsen, oder den amerikanischen Neu-Besitzern des Kildrummy Estates, Familie Bently. Wer mehr über so etwas erfahren möchte, fährt entweder mit mir mal nach Schottland im Rahmen einer meiner Gruppenreisen, was ich natürlich am liebsten hätte, oder aber er/sie schaut sich die Dokumentation „Who owns Scotland“ an. Hier staunt man wahrlich, in wie wenigen Händen die Hälfte des Landes liegt. All das hätten sich die alten Frasers nicht träumen lassen, wobei auch sie nicht gerade zu den Ärmsten zählten. Und besonders merkwürdige Persönlichkeiten in ihrer Ahnenreihe hatten, aber jetzt gerate ich ins Plaudern und muss doch noch die erste Etage von Castle Fraser anschauen. Der Wächter der ersten Etage zwingt mich freundlich dazu, mir The Laird´s Lug aus der Nähe anzusehen und weist mich in die Ecke zu einem kleinen Raum. Dort ist ein Gitter auf der Erde, und im ersten Moment denke ich, hier war also der Abort. Aber nein, das Gitter ist heute nur zum Schutz, damit die Besucher nicht in die untere Etage plumpsen. Das war der Raum, in dem es die Verbindung nach unten gab, damit der Laird spitzeln konnte. Einen Geist hat Castle Fraser natürlich auch, und jetzt wird es ganz skurril. Lady Blanche ist diejenige, die hier durchs Gemäuer schleicht, und Maureen erzählt mir mit bierernster Miene, dass eine Kollegin Lady Blanche tatsächlich gesehen hat. Im Lockdown zu Corona-Zeiten. Was ja nicht abwegig ist, denn wir durften ja alle nicht raus. Wo sollte Lady Blanche denn auch schon hin? Da geht man doch gern mal im Schloss auf und ab spazieren, um nicht einzurosten. Maureens Kollegin schwört es jedenfalls und Maureen sagt deswegen sicherheitshalber jeden Morgen zu allen An- und Nichtanwesenden „good morning“ und, same procedure, Abends natürlich auch „good night“. Man weiß ja nie. Ich sage ihr, ich finde das weird und werde jetzt ein wenig puzzled meine Weiterreise antreten, zu einem echten Geist, nämlich dem Whisky Spirit. Es geht in die Speyside, und ich wähle absichtlich auch einige Single Track Roads, die mich ein bisschen Zickzack durchs Land führen. Meiner um die Kilometer besorgten Freundin aus Edinburgh sage ich für heute mal 108 Kilometer an. Das ist noch weniger als am ersten Tag, also quasi nur ein Katzensprung. Einem Leser meines Blogs verdanke ich den Abstecher zur Destille von GlenDronach, die in der Nähe von Huntly liegt (vielen Dank an Stefan). Reine Neugier, da ich den Namen noch nie gehört habe. Allerdings gibt es sicher noch hunderte von Whiskynamen, die ich auch noch nie gehört habe. Stefan beschwört die wundervolle Atmosphäre im Verkaufs- und Tasting-Raum, und sie ist es wirklich. So gemütlich eingerichtet und absolut einladend. An dieser Stelle kann ich nicht umhin, wieder einmal für meine Busreisen zu werben, denn dann gibt es einen Chauffeur, der einen überall hinbringt, und überall kann man Whisky probieren, weil man nicht selbst fahren muss. Ein Herzschmerz ist es natürlich, wenn der Busfahrer auch ein Whiskyfan ist. So ist es bei meinem Mann, aber Job ist Job, da helfen keine Pillen, da muss er durch, und meine Gäste tasten munter vor sich hin. Ich nehme einen wee dram vom GlenDronach 15 years. Ich weiß nicht, ob es ein schottisches Wort für etwas gibt, das noch kleiner ist als „wee“, denn ich darf ja nur nippen, weil ich fahren muss. Zum ersten Mal kann ich wenigstens sagen, ich habe Kirsche herausgeschmeckt. Und zwar kräftig. Das ist ein Erfolg, denn ich bin alles andere als ein Whiskykenner (keine Lust auf gendern…) und kann meist nur sagen: „Schmeckt nach vielen Prozenten“. Der eine hat halt die Nase und den Gaumen, der andere nicht. So ist das Leben. Dennoch versuche ich immer und immer wieder, ein wenig Gaumenschulung zu betreiben und probiere weiter, wenn auch nicht heute, um endlich auch einmal etwas anderes herauszuriechen oder zu schmecken als den puren Alkohol. Da muss doch was gehen! Schlagloch um Schlagloch kämpfe ich mich durch die Speyside Richtung Aberlour. Den Schottlandneuligen möchte ich empfehlen, hier zwei Dinge dringend zu beachten. Das sind einmal die Passing Places, Ausbuchtungen links und rechts, damit man mit dem Gegenverkehr aneinander vorbeikommt. Man soll keinesfalls vor lauter Panik, weil einem einer entgegenkommt und gerade auf der eigenen Höhe ein Passing Place zur Rechten ist, diesen benutzen. Die Linken, das sind eure. Und sie sollen nicht, so schön die Aussicht auch manchmal ist, als Halteplätze zweckentfremdet werden. Zum zweiten sollte man sehr bedächtig fahren, denn man kennt sich nicht aus und eben auch die Schlaglöcher nicht. Wobei ich mir vorstelle, die vermehren sich ja gnadenlos, so dass auch der Einheimische sicher dann und wann überrascht wird. Besonders tückisch ist es bei Regen. Natürlich laufen die Dinger voll und man erkennt einfach nicht, wie tief der Riss darunter ist. Also Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Wohl dem, der zu Hause in einer Straße wohnt wie ich, die auch voller Schlaglöcher ist, dann kann man schonmal üben. Es ist ja nicht so, dass es das bei uns gar nicht gibt. Kurz vor meinem Übernachtungsziel Aberlour finde ich die MacAllan Distillery. Selbst ich als Nicht-Whisky-Kenner habe mitbekommen, dass es eine sehr exklusive Marke ist und man sie möglicherweise eher sammelt als trinkt. Da muss ich also hin, um wenigstens ein Foto zu machen, biege ganz forsch links ab auf das Tor zu und werde ausgebremst von einem querstehenden Range Rover. Ein Mann in gelber Warnweste hält mich an. Was habe ich denn jetzt falsch gemacht? Er wirft eine riesige Portion seiner schottischen Freundlichkeit in den Ring, betitelt mich mit Ma´am und fragt mich, ob ich angemeldet sei. Du meine Güte, bin ich auf einem royalen Anwesen gelandet oder was ist los? Zutritt zu MacAllan nur mit Anmeldung bzw. Vorausbuchung. Ich erkläre ihm, mein Mann wäre ein totaler MacAllan-Fan und ich möchte einfach nur ein Foto von der Destille machen. Außerdem bin ich on business hier, „travel trade, you know“, also quasi zu Forschungszwecken und halte ihm meine Visitenkarte unter die Nase. Ich darf durchfahren und betrete ein Anwesen wie aus einer anderen Welt. Während zur Linken einige Hochlandrinder friedlich grasen, bauen sich zur Rechten Hügelwellen auf, die über eine lange Fensterfront hinweg laufen. Das ist ein Gebäude mit Grassodendächern. Genial gelöst, denn aus der Ferne sieht es aus wie eine Hügellandschaft und erst aus der Nähe wie ein Gebäude. Ein langer Weg führt zum Eingang, die Glastüren öffnen sich automatisch, rechts und links Wandgemälde mit einer bildhübschen Frau. Das ist Nattie Harbinson, wie ich später erfahre, die Frau, die 1926 den teuersten „Geist“ kreierte, der jemals bei einer Auktion versteigert wurde. Ich habe den erzielten Preis vergessen, oder vielleicht wurde er mir gar nicht verraten, aber es würde mich ohnehin zerfetzen, es zu hören. Natürlich darf ich in die heiligen Hallen nicht einfach so mir nichts dir nichts hinein. Ein Mitarbeiter fängt mich ab, denn der Kollege mit dem Range Rover hat schon Bescheid gesagt. Mein Name war also bereits dokumentiert, und ich bekomme Erklärungen aus erster Hand, ganz ohne Vorausbuchung. Das aber wahrscheinlich auch nur, weil ich hoch und heilig versprochen habe, kein Tasting zu wollen, denn ich muss ja noch fahren. Sehr begeistert bin ich, dass MacAllan auch modisch unterwegs ist und eine eigene Tweedkollektion herausgebracht hat. Das wäre doch das ideale Mitbringsel für den weltbesten Ehemann, doch der schmale Preis von 350 Pfund für einen Schal lässt mich gleich eine Rolle rückwärts machen. Dafür buche ich dann doch für unseren Urlaub im Sommer ein paar Tage einen Mietwagen. Ist sinnvoller. Wer braucht schon einen Tweedschal in Deutschland? Wenn die Schotten jetzt schon in kurzen Hosen rumlaufen, wie albern ist es dann, in Deutschland bei wesentlich höheren Temperaturen mit einem Tweedschal spazieren zu gehen. Also bitte…. In Aberlour übernachte ich im Dowans Hotel, was absolut empfehlenswert ist. Kein Schnäppchen, aber einfach wundervoll. Von den Zimmern, über das Essen bis hin zum Whiskyzimmer gibt es unheimlich viel zu bestaunen. Ich buche ein Abendessen und werde zunächst in die Bar gebeten und auf ein Sofa mit niedrigem Tisch verwiesen. Man drückt mir drei Bücher in die Hand, ich solle aussuchen. Verstohlen erkundige ich mich, ob ich denn an diesem niedrigen Tisch speisen soll, aber nein, das ist nur das Vorspiel. Dort soll ich erstmal einen Cocktail wählen, aus Buch Nr. 1. Oder ein anders Getränk, aus Buch Nr. 2. Oder falls es ein Whisky sein soll, aus Buch Nr. 3. Ich bin völlig überfordert, möchte doch eigentlich eher essen als trinken, da ich seit morgens nichts im Magen hatte. Nun denn, ich ordere einen Bramble, das ist in letzter Zeit bei uns auf Feiern der Hit, und dieser hier ist der absolut beste, den ich je getrunken habe. Beim ersten Schluck schüttelst du dich extrem und denkst, den schaffst du nicht, aber ab dem zweiten Schluck willst du immer mehr. Natürlich bestelle ich einen zweiten, denn zu Essen bekomme ich immer noch nichts. Der wirkt schon, und endlich bekomme ich die Speisekarte, nachdem ich nochmal vorsichtig in alle drei Bücher geschaut habe, ob da nicht am Ende doch ein oder zwei Seiten für das Essen vorgesehen sind. Ich bestelle eine Gemüsevariation, die einfach umwerfend ist. Der Bramble war es auch schon, beinahe im wörtlichen Sinne, aber das Essen ist einfach göttlich. Genauso ist es beim Frühstück. Ein Porridge zum Niederknien, frisches Obst mit griechischem Joghurt, den wahrscheinlich selbst der Grieche nicht besser machen kann und ein Croissant besser als in Frankreich. Morgen geht es nach Inverness, mit einigen Besichtigungen unterwegs, die dann ausschließlich dienstlich sind, daher wird es für den Tag keinen Bericht geben.

  • WO IST EIGENTLICH SÜDGEORGIEN?

    MS Fram bringt meine Expeditionsheldin von den Falklandinseln nach Südgeorgien. Aber die anderen Passagiere sind natürlich auch noch dabei. An Bord des Expeditionsschiffes geht es gemütlich und ruhig zu. Das Entertainment, das geboten wird, ist wissenschaftlicher Natur und sehr spannend. Die Reisenden dürfen zwischendurch mit dem „Science Boat“ mit rausfahren und erleben, wie das Wissenschaftsteam die Meere kontrolliert. Da werden dann zum Beispiel Wasserproben gesammelt, um Phytoplankton zu suchen. Später wird alles unter dem Mikroskop untersucht, und auch dabei dürfen die Passagiere zusehen. Meine Expeditionsheldin kann sich für so etwas super begeistern, und das freut mich sehr. Ich hingegen muss erstmal nachschauen, was es mit dem Plankton überhaupt auf sich hat. Da war mal was im Biologieunterricht, und der ist zum einen viele, viele Jahre her und zum anderen habe ich mich da mehr oder weniger durchgeschleppt. Für alle, denen es genauso ging und noch geht, hier die Erklärung ganz allgemein und mit dem Hintergrund von Wikipedia grob wiedergegeben. Das Wort Plankton kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „das Umherirrende“. Genauso fühle ich mich auch gerade, ich irre unwissend umher, bin also quasi ein Plankton auf zwei Beinen. Plankton bezeichnet die Gesamtheit der Organismen, die im Wasser schweben, oder besser gesagt, sich wenig bis gar nicht selbst fortbewegen. Was für ein schöner Gedanke! Und wenn ich mir in Wikipedia nun ein Bild von so einem Plankton anschaue, dann zieht es mich doch tatsächlich auch zum Mikroskop, weil es unheimlich spannend aussieht. Ich habe aber kein Mikroskop, aber meine Expeditionsheldin wird jetzt entsprechende Bilder im Kopf haben. Schicken kann sie mir leider keines, dafür kommen aber wieder Pinguine in meinem Handy an. Doch dazu später wieder mehr. Zunächst einmal ist da noch das Phytoplankton abzuarbeiten. Ganz dünnes Eis, auf dem ich mich jetzt bewege. Übrigens kommt meine Expeditionsheldin auch bald ins Eis, aber immer noch ist das Phytoplankton dran. Nachdem ich einige Infos aus diversen Seiten zusammengesammelt habe, ist einzig und allein hängen geblieben, dass es eine Salzwasseralge ist und quasi der Anfang der Nahrungspyramide. Interessant ist, dass ein Koch namens Àngel León als erster Koch weltweit mit Plankton gekocht hat. Es ist vegan und für ganz viele tolle Dinge gut. Nun sitzen also die Hobbywissenschaftler Seite an Seite mit den Fachleuten am Mikroskop und staunen, das Phytoplankton live und in Farbe zu sehen. Ich freue mich derweil, dass es als nächstes nach Südgeorgien geht. Hier leben Königspinguine und Fellrobben. Davon sogar sehr viele, dafür aber sonst kaum eine Menschengestalt. Südgeorgien, da muss sicher mancher, genau wie ich, erstmal auf die Karte gucken. Es liegt nochmal ein riesiges Stück weiter westlich von den Falklandinseln. Schaut man sich Satellitenaufnahmen an, ist schnell klar, das ist eine sehr eisige Angelegenheit. Hier ist man 3677 km vom Südpol entfernt. Das Gebiet zählt politisch ebenfalls zum Britischen Überseegebiet. Ich hoffe, King Charles III ist klar, was er da jetzt alles in seinem Portfolio hat. Doch viele Untertanen, außer eben den Pinguinen und Fellrobben, gibt es hier nicht. Im Sommer sind es 30, darunter zwei Regierungsbeamte mit ihren Ehepartnern und vier Menschen, die im Museum arbeiten. Und die Passagiere der MS Fram – gelegentlich. Hier muss ich noch einmal meinen Bericht über den Antarktisvertrag korrigieren. Es ist dort die Rede von einer Begrenzung von Schiffen mit maximal 500 Passagieren. Diese dürfen in dem Gebiet zwar fahren, aber nicht anlanden. Anlanden, in Form von Tendern, dürfen nur Schiffe mit maximal 200 Passagieren. Dazu gehört auch die MS Fram. An einem Seetag gibt es die Möglichkeit eines Besuches auf der Brücke, was meine Expeditionsheldin als Ingenieurin natürlich brennend interessiert. Hier lernt man etwas über Dieselmotoren, Anker und die ganze Elektronik. Mit ihrem Satz in der WhatsApp „Ich nehme an, die Technik interessiert jetzt nicht so“ wird sie sicher speziell mich gemeint haben und will mich damit in Ruhe lassen. DANKE! Apropos Ruhe. Die gibt es nun nicht immer gänzlich auf einer solchen Reise, und hier meine ich nicht etwa Entertainment, sondern den Seegang. Südgeorgien muss einen Tag früher verlassen werden wegen schlechten Wetters. Das kann halt auch mal passieren. Der Wind war so stark und hat Wellen mit ca. 7 m hervorgebracht. Hier ist es hilfreich, wenn die Knie noch in Ordnung und einigermaßen biegsam sind, denn in gebeugter Haltung kann man sich an Bord noch einigermaßen gut fortbewegen. Ganz aufrecht gehen tun im Gegensatz dazu immer die Pinguine, womit wir wieder bei der Tierwelt gelandet sind. Die Königspinguine sind die zweitgrößte Pinguinart. Und wer sind die Größten? Na, denk doch mal nach, wie ist das denn in der Adelswelt? Da steht doch der Kaiser noch über dem König, und so ist es hier auch. Es gibt noch den Kaiserpinguin. Ich habe mir beide auf Fotos angesehen und kann keinen Unterschied feststellen. Wahrscheinlich ist es wirklich nur die Größe. Aber da es hier ohnehin zu keiner Kommunikation kommt, bei der man ihre Majestäten möglicherweise falsch anredet, ist das auch egal. Auf jeden Fall halten beide den Schnabel nach oben wenn sie etwas mitteilen wollen. Mehrere Robbenartein sind in Südgeorgien ebenfalls zu Hause. Die Rentiere, die vor gut 100 Jahren von zwei norwegischen Antarktisforschern ausgesetzt wurden, vermehrten sich von 10 auf 6600 so drastisch, dass die Blüten- und Flechtenwelt der Region zu sterben drohte. Rentierexperten entfernten die Tiere wieder. Wie? Nun ja, das Ende vom Lied war, dass ihr Fleisch auf den Falklandinseln zum Verkauf angeboten wurde. Nun warte ich noch auf Fotos, die noch weiter südlich entstehen werden, nämlich in der Antarctica, der letzten Etappe dieser Expeditionsreise. Von Schottland aus schreibend muss ich jetzt erst wieder die Kurve kriegen, um meinen nächsten Beitrag zu schreiben, von dem ich jetzt noch nicht weiß, ob ich ans Ziel komme, denn mein Flug wurde wieder einmal gestrichen.

  • LEIDER KEIN FOTO FÜR DICH, ABERDEEN

    Am ersten schottischen Tag habe ich 125 km zurückgelegt, was eine Freundin vor Ort anscheinend als halbe Weltreise betrachtet, denn sie bewunderte mich dafür. Hallo? Was sind denn bitte 125 km? Auch auf schottischen Straßen hat man da unendlich viel Zeit, Stopps für Spaziergänge, Snacks und in die Gegend gucken einzubauen. Gut, ich habe die Kilometerchen noch an Dortmund-Stau-Düsseldorf-Flughafen-Check und -in-Warten-Flug-nach-Edinburgh angehängt, aber es ist doch machbar. Schottisches Frühstück! Da wird jetzt jeder Schottland-Fan aufhorchen und die Geschmacksnerven auf „cooked breakfast“ programmieren, aber nicht so ich. Als Vegetarierin bleibt mir vom Scottish Breakfast immer sehr wenig übrig. Ich will jetzt gar nicht aufzählen, was ich davon nicht mag und gebe als Beispiel nur Tomaten und Eier. Damit ist eigentlich alles klar. Vegetarische Varianten findet man auch immer mehr auf den Menükarten, aber ich brauche das nicht. Für Schottland-Neulinge hier der Hinweis, dass es so gut wie nie ein Frühstücksbuffet gibt. Es wird serviert, egal wie lange das dauert. Jedes Ei wird vom Koch zelebriert. Auf den Tischen finden sich meistens Frühstücksmenükarten, was bei uns unüblich ist. Davon kann man auswählen, was zum persönlichen cooked breakfast gehören soll. Oder man bestellt einfach Full Scottish Breakfast und bekommt ein Sortiment der Klassiker von der Küche zusammengestellt. Das ist die einfache Variante. Was alles dazu gehört? Nun, im Wesentlichen so wie beim Full English Breakfast, aber unterstehe dich, das zu bestellen 😊. Übrigens habe ich mal in Südengland ein Full English Breakfast inklusive Porridge mit Whisky bekommen. Zum Niederkien! Darauf warte ich in Schottland schon die ganze Zeit, dass das mal auf der Karte steht. Wahrscheinlich aber wird der Schotte sagen, dass es eine Freveltat mit Höchststrafe ist, das heilige Destillat in Porridge zu schütten. Nun geht es aber los, weiter entlang der Ostküste, heute bis Aberdeen. Und ich möchte eines vorwegnehmen und es mit den Worten von Heidi Klum in Germany´s next Topmodel sagen (und ich schwöre, ich habe das nur E I N M A L gesehen!): „Aberdeen, ich habe heute leider kein Foto für dich. Du musst diese Show verlassen.“ Natürlich habe ich zumindest ein Foto von Aberdeen, wenn auch bei Regen. Doch auch bei Sonnenschein hätte ich keine andere Wertung abgeben können. Mir gefällt es einfach nicht. Vor vielen Jahren habe ich dieses Urteil schon einmal abgegeben, aber jeder verdient eine zweite Chance. Damals hatte ich eine Gruppe dorthin begleitet, und ich erinnere mich an genau zwei Dinge: Eine lange Reihe Treppen im Bogen mit viel Blumenschmuck und einen Kiltmaker, der uns zeigte, dass man für einen Kilt 7- 8 m Stoff benötigt. Doppelt gelegt. Dann gibt es noch speziellen Winterstoff, der natürlich recht schwer ist. Mir gab er zum Test einen Herrenkilt in Wintervariante, der mich ein wenig in die Knie zwang. Ganz schön schwer. Das war damals Aberdeen. Man nennt es Granite City, und jetzt darfst du dreimal raten, woher der Beiname kommt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass bei Sonne und blauem Himmel der Granit auch schön silbern schimmert, aber heute war das eben nicht der Fall. Auch wirkt so ein Gebäude wie das Marischal College wie aus Legosteinen. Wenn die architektonischen Schönheiten und ein mich begeisterndes Flair fehlen, dazu das Wetter nicht so prickelnd ist, dann bleibt einem ja noch Shopping. Leichte Begeisterungsausbrüche kann dann eine meiner Lieblings-Fashion-Ketten hervorbringen. Charity-Shops besuche ich auch immer gern. Davon gibt es auf der Insel jede Menge. Manchmal kann man dort sogar zum Schnäppchenpreis komplett neue Ware ergattern. Für sage und schreibe 50 Pence schnappe ich mir einen riesigen Wälzer über die englischen Königshäuser, lasse aber einen winzigen gelben Faszinator liegen, denn der passt nun wirklich nicht mehr in meinen Koffer. Ich habe einen in pink und meiner Mitarbeiterin versprochen, ihr einen zu ihrem Haar passenden zu besorgen, denn wir treffen uns am 6.5. mit etlichen Kunden in unserem Reisebüro zur Krönungsfeier mit Scones, Tee und zumindest „halb-public-viewing“ und sollten entsprechend gestylt sein. Ja, wir sind schon ein wenig verrückt, aber ich glaube, dafür liebt man uns und erwartet eben auch einen stilechten Faszinator. Wenn ich von den Orkneys zurück bin, dann suche ich nochmal, denn dann muss ich ihn nur noch bis zum Flieger nach Hause in der Hand tragen, damit er im Koffer nicht kaputt geht. Ihn jetzt überall mit von A nach B zu schleppen ist mir einfach zu peinlich. Zu einem frühen Abendessen lande ich in einer zum Restaurant umfunktionierten Kirche und bestelle mir vor lauter Frust Mac ´n Cheese. Die Makkaroni breiten sich in der Nacht erstmal so richtig in mir aus, so dass ich nicht schlafen kann. Also schaue ich mal nach, ob es Nordlichter gibt. Gibt es nicht. Dafür aber eine extrem harte Matratze und folgende Hüftschmerzen, sowie bis mindestens 24 h Essensgeruch. Eine anhaltende Fahne aus Eiern und irgendwas Gebratenem fegt konstant durchs ganze Hotel. Das ist nun kein speziell schottisches Problem, kann einem aber den letzten Nerv rauben. Wen das nicht stört, und vielleicht ist es auch nicht immer so, dem kann ich aber das Cults Hotel, mit dem Bus ca. 15 Minuten von der Innenstadt entfernt, empfehlen. Es ist gemütlich und die Zimmer sind sauber und recht nett eingerichtet. Der Aufzug ist ein absoluter Hit und der Preis mit 80 Pfund für meine Begriffe in Ordnung. Man wohnt trotz Hauptstraße einigermaßen ruhig, denn es ist nichts los in Cults, einer Art Vorort von Aberdeen. Nachbarn sind nur ein Nagelstudio, ein Friseur und ein Bestatter. Funeral Directors heißen letztere übrigens, was interessant ist. Bei uns sind es einfach nur Bestatter und keine Direktoren, aber jetzt geht das Thema hier anscheinend in eine völlig falsche Richtung. Es muss daran liegen, dass ich wirklich schlecht geschlafen habe. Womöglich in einer Art Trance träume ich dann auch noch, dass ich überhaupt nicht mehr laufen kann und die nächsten Ausflugstage nur humpelnd absolviere. Mitten in der Nacht halte ich auf diversen Portalen Ausschau nach einem Hotel auf dem Weg nach Inverness, statt hier noch ein zweites Mal zu schlafen und werde um 2:45 h fündig. Natürlich ist es so kurzfristig gebucht unverschämt teuer, aber das ist mir nicht neu. Schließlich bete ich täglich in meinem Reisebüro meinen Kunden rauf und runter, doch bitte sehr früh zu buchen, sonst verabschieden sich die Scheinchen im Portemonnaie schneller als man gucken kann. Ich lasse ja jedem seine Art Urlaub zu machen, kann aber nie so ganz diese Optimisten verstehen, die sich einfach mal so treiben lassen und nichts reservieren. Wann fangen die denn an, den schönen Ausflugstag abzubrechen, um auf Unterkunftssuche zu gehen? Und vor allem, warum tun die ihrem Urlaubsbudget das an? Aber wie ich schon im letzten Post sagte, sei jedem das Seine belassen. Für mich ist das nichts, ich brauche die Gewissheit, mein Ziel zu kennen und zu wissen, wo ich meinen Anker auswerfe. Sonst suche ich mich ja tot. Na ja, dann hätte der oben erwähnte Funeral Director wieder was zu tun. Auch mit Vorreservierung kann man sich unterwegs treiben lassen. Mich treibt es aber zuerst einmal von der Lunan Bay zum Dunnottar Castle bei Stonehaven. Hier ist das Wetter vormittags noch wunderbar. Dieses Castle ist wohl in allen Facebookgruppen und zahlreichen Prospekten an vorderster Front mit dabei. Es hat aber auch eine grandiose Lage. Ist man nicht gut zu Fuß, dann ist das hier nicht das Richtige. Vom Parkplatz aus geht man einen langen Weg auf die Burgruine zu und wähnt sie nicht weit entfernt, steht dann aber am Abgrund, denn sie liegt auf dem benachbarten Felsen. Also erst Treppen steil runter und am Ende wieder rauf. Auch hier ist der Küstenweg sehr schön und empfehlenswert. Bei der Burg selbst fragt man sich, wie gefährlich es wohl war, Gebäude so dicht an den Klippenrand zu bauen. Doch Sicherheitsaspekte wurden anders interpretiert. Man war sicher, sich vor Feinden schützen zu können, aber nicht unbedingt sicher, nicht ins Meer zu stürzen. Eine Zeitlang wurden in Dunnottar die schottischen Kronjuwelen versteckt, denn sie sollten nicht Oliver Cromwell in die Hände fallen. Die englischen hatte er schon zerstört, und die Schotten wollten es hier besser machen als die Engländer. Das scheint ein schottischer Grundgedanke zu sein. Angegriffen und beschädigt wurde die Burg etliche Male im Laufe der Geschichte. Die haben da aber auch was mitgemacht! Besonders im 10. Jahrhundert gaben sich Eroberungswütige hier die Klinke in die Hand. Erst die Wikinger, dann das südliche Königreich Wessex. Nun steht hier eine überaus malerische Ruine, die einen gehörigen Anteil an Platz auf meiner Handyspeicherkarte einnimmt. Mit der Erklärung, dass die Silbe Dun, die in vielen schottischen Orten vorkommt, in etwa „Festung“ oder „befestigter Platz“ bedeutet, verabschiede ich mich Richtung Aberdeen und erlebe neben dem bereits oben Beschriebenen einen trüben Tag mit dann und wann mal Regen und mittlerer Kälte. Ich habe einen dicken Schal um und Stiefel an, frage mich allerdings, was für ein Weichei ich eigentlich bin, denn die ersten Schotten tragen schon ihre Sommersachen, Röcke ohne Strümpfe. Im Linienbus Richtung Innenstadt sind alle Fenster geöffnet, es ist a…. kalt und windet enorm. Ich traue mich aber nicht, wenigstens das Fenster neben mir zu schließen, denn sonst bin ich noch verantwortlich für schottische Hitzewellen. Das kann ich nicht riskieren, ich bin hier schließlich Gast. Also ziehe ich die Mütze noch etwas tiefer ins Gesicht, den Schal etwas fester und den Jackenreißverschluss bis obenhin zu, steige aus dem Bus aus …. und ein Mann mit kurzen Hosen ein. Er wird sich über some fresh air in the Oberdeck sicher freuen. Morgen geht es ins Inland über den Castle Trail Richtung Speyside. Das riecht nach Whisky und Schlossgespenstern.

  • EIN SCHOTTISCHER TAG

    Nun habe ich mir eine Überschrift für diesen Blogpost ausgedacht, von der ich überzeugt war, sie wäre ganz toll, frage mich aber jetzt: Kann eine Deutsche einen schottischen Tag haben? Oder aber: Kann ein Tag überhaupt schottisch sein? Jetzt wirst du dich fragen, was ich eigentlich für Probleme habe. Im Moment allerdings gar keine, denn ich hatte einen schönen schottischen Tag. Und über den möchte ich jetzt berichten. Es soll die Geschichte eines Tages werden mit all den Eindrücken, die ich hatte. Auch wenn hier viele persönliche Anmerkungen einfließen, sind bestimmt auch Tipps für deinen eigenen Urlaub dabei, oder aber du fährst mit einem anderen Blickwinkel durchs Land. Ich befinde mich wieder einmal auf einer Inforeise und habe mir die schottische Ostküste vorgenommen und die nördlichen Inseln. Es ist immer gut, Neues und vor allem viele Unterkünfte kennenzulernen, um meinen Kunden, ob Schottland-Neulinge oder Schottland-Süchtlinge, die best mögliche Reise nach Maß zu basteln. Ich sitze also im Flieger, habe einen Gangplatz gewählt, denn ich muss ja nicht aus dem Fenster gucken. Zum einen fliegt man die meiste Zeit über den Wolken, zum anderen bin ich die Strecke schon so oft geflogen, dass ich weiß, wie die Forth-Fjord-Brücken von oben aussehen. Und dennoch recke ich meinen Hals am Ende irgendwie an meiner Sitznachbarin vorbei, um zu gucken, was da unten zu sehen ist. Das ist wohl eine Art Automatik. Der Flug war schnell. 1,5 Stunden von Düsseldorf. Wenn man ab Dortmund auf der berühmten A40 im Stau steht, dauert das nur bis Düsseldorf genauso lange. Die Stewardessen genehmigen ziemlich schnell nach der Landung, dass die Handys wieder aus dem Flugmodus genommen werden dürfen, und so melde ich mich bei meinem Mann, dem nettesten Ehemann der Welt, als gelandet an. (Ich habe doch gesagt, hier kommen subjektive Eindrücke, also sollte jetzt auch kein anderer Ehemann beleidigt sein.) Mein Koffer hat sich vorgedrängelt, er kommt als dritter oder vierter. Aber du meine Güte, wie sieht der denn aus? Hat den jemand in Düsseldorf durch eine staubige Baustelle gezogen oder sollte der Gepäckraum von Eurowings tatsächlich mal eine Grundreinigung nötig haben? Egal, den kriege ich wieder hin. Mit dem Gedanken an eine schöne Tour ist mir das Aussehen meines Koffers gerade sowas von egal. Auf geht´s zum Mietwagenschalter. Ich bin wieder bei Europcar gelandet, die ich immer wärmstens empfehlen kann, und zwar bitte schön im Reisebüro gebucht, weil dort dann einfach mehr Versicherungen enthalten sind und man nicht riskiert, auf irgend einem Selbstbehalt bei einem Schaden sitzen zu bleiben. Rundum-Sorglos sollte einem auf einer Reise doch so wichtig sein wie das Land selbst. Man geht zuerst zu einem Display und tippt seinen Namen ein, damit man in die Warteschlange kommt. Das ist in etwa so wie beim Einwohnermeldeamt, wo man eine Nummer zugewiesen bekommt, damit die Wartenden schön sortiert werden. Bei Europcar in Edinburgh wird man aber statt mit Nummer mit Namen aufgerufen. Oh je, ich höre schon die Datenwächter in unserem Lande. Mein Name! Auf einem Display für alle sichtbar! Vollkatastrophe! Man darf es sich aber sogar aussuchen, ob man mit Vor- und Zunamen dort erscheinen soll, nur mit Initialen oder einfach als No-Name. Datenwächter zufrieden? Dann ist es ja gut. Spontan frage ich dann doch nach einem Upgrade auf einen Automatikwagen. Mal sehen, was kommt. Zu Hause war ich in der Tat zu geizig, wobei die Mehrkosten für einen Automatikwagen teilweise, aber besonders saisonabhängig wirklich extrem sind. Ich bekomme einen VW T-Cross Automatik angeboten, brandneu, gerade mal 15 Meilen auf dem Tacho. Na, der wird ja dann entsprechend teuer sein, aber der Aufpreis ist wirklich akzeptabel, so dass ich zusage. Es geht nun zunächst nach Arbroath an der Ostküste, einige Kilometer nördlich von Dundee. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum mich dieser Ort seit längerem so magisch anzieht. Ich hatte mir fest vorgenommen, dort einmal hinzureisen, weil es mir die Bilder mit den roten Klippen so angetan haben. Dass der Ort für die Schotten historisch wichtig ist, weil man dort im Jahre 1320 die „Declaration of Arbroath“ geschrieben hat, das lassen wir jetzt mal beiseite. Mein Weg führt mich über die Queensferry Crossing, die neueste der 3 Brücken über den Forth Fjord, der die Region Edinburgh and the Lothians vom Kingdom of Fife und dem noch nördlicheren Schottland trennt. Es ist immer wieder schön, diese Brücke zu befahren, und wer sie dann fotografieren möchte (sie ist es wert), der sollte hinter dieser zum Hotel Doubletree Hilton North Queensferry fahren. Von dort aus hat man durch die hohe Position ein gutes Panorama auf die neue, die alte und die ikonische Eisenbahnbrücke. Das Kingdom of Fife begrüßt die Autofahrenden, und ich überlege ganz kurz, ob ich meine alte Freundin Roberta kurz besuche. Aber nein, die Zeit reicht nicht und außerdem würde sie wahrscheinlich aus den Latschen kippen, wenn ich spontan und unerwartet dort aufschlage. Sie ist 85 Jahre alt, fit wie ein Turnschuh, aber man will ja keinen Schock riskieren. Also lasse ich es, bleibe auf der A90 Richtung Perth und hoffe, der Weg führt mich ohne Probleme um die Stadt herum. Ich weiß nicht was es ist, aber in Perth habe ich mich bis jetzt jedes Mal verfahren, bin immer mitten in der Stadt gelandet und habe mich gefragt, ob die Schnellstraße wirklich durch die Stadt führt, oder ob ich es einfach nicht checke, wie man um sie herum kommt. Es ist geschafft, Perth bleibt an der Seite liegen, Gott sei Dank. Ich steuere also ohne Probleme erst einmal Dundee an. Da ich doch sehr zügig vorangekommen bin, überlege ich, einen Abstecher zum V&A Museum zu machen, das am Fluss Tay liegt, der hier ins Meer mündet. V&A ist die Abkürzung für Victoria&Albert Museum. Die Hauptstelle gibt es in London, und seit einigen Jahren gibt es diesen Ableger in Schottland. So oft wurde mir davon vorgeschwärmt, also sollte ich mal reinschauen. Ich bin eigentlich überhaupt kein Museumsgänger. Mich faszinieren die Gebäude, vor allem, wenn es entweder historische oder aber hypermoderne Architektur und am besten innen von der Gestaltung her auch interessant ist. Bilder und Skulpturen interessieren mich eher weniger. Das ist mir, mit wenigen Ausnahmen wie der National Portrait Galerie in Edinburgh und dem Naturhistorischen Museum in London, einfach zu langweilig. Jedem das Seine, nicht wahr? Der V&A-Bau ist jedenfalls super interessant und höchst eigenwillig. Sind es aufeinander gestapelte Bücher? Sind da Teile, die irgendwie an ein Schiff erinnern? Jeder darf seine Fantasie haben. Ich hätte es mir ja denken können, dass vor dem Museumsbesuch eine Filiale meiner Lieblingssupermarktkette auf dem Weg liegt und mich förmlich anbetet, einen kleinen Besuch abzustatten. Also schnell abgebogen, eingeparkt und rein in den Markt. Ich muss sowieso auf die Toilette, brauche etwas Wegzehrung und Wasser. Es bleibt tatsächlich auch bei diesen drei Dingen, die ich erledige. Sonst gibt es meistens etwas, was mich noch anspringt und unbedingt mit will, aber wenn man fliegt, kann man sowieso nur begrenzt zupacken. Die Zeit für das V&A wird schon schmaler, aber ich fahre trotzdem hin und finde einen wirklich guten Parkplatz direkt vor dem Museum mit Blick aufs Wasser. Hier nehme ich dann im Auto erstmal mein Mittagspicknick, das aber schon eher ein Nachmittagspicknick ist, ein. Joghurt und Obst mit Blick aufs Fast-Meer (ist ja immer noch der Tay). Pflichtbewusst gehe ich natürlich zum Pay-and-Display-Automaten, um ein Ticket zu ziehen. Nun habe ich schon etliche Park-Apps auf dem Handy und bin auch ein Fan von dieser Buchungsmethode, aber hier gibt es noch wieder eine andere App, und ich habe keine Lust, die auch noch herunterzuladen. Also Barzahlung. Ich schmeiße mal 2 Pfund ein. So lange werde ich ja nicht bleiben. Nirgendwo ist ein Hinweis zu finden, wie lange man für 2 Pfund bleiben darf, werde aber gleich nach dem Einwurf durch eine Meldung aufgeklärt: Mindestbetrag 7 Pfund. Ich glaub´ ich spinne! Es ist nicht so, dass ein solcher Infotrip nur einen Appel und ein Ei kostet, da kann es auf ein paar Pounds nicht ankommen, aber das geht mir doch zu weit. Zumal ich Museen ja eigentlich gar nicht mag. Und dann 7 Pfund? Wobei ich, das möchte ich zur Ehrenrettung von Dundee doch anmerken, dafür sogar den ganzen Tag bleiben könnte, aber kann ich ja aus Zeitmangel nicht. Es bleibt bei einem schnellen Foto und einem noch schnelleren Picknick im Auto mit Blick aufs Wasser. Man sieht oft, dass Briten sowas machen. Es sitzen in gefühlt jedem zweiten Auto Leute, die ihr Sandwich futtern und einfach aufs Meer schauen. Das könnten sie auch draußen, denn es sind Bänke da, aber man sieht sie im Auto sitzend. Das ist mir schon überall oft aufgefallen und gefällt mir sehr gut, nur habe ich selbst immer ein schlechtes Gewissen, da ich im Büro ohnehin den ganzen Tag sitze. Man muss sich ja auch mal bewegen. Doch picknickt es sich einfach wärmer und bequemer im Auto. Und die Möwen, die natürlich auch hier schon wieder auf der Lauer sind, kriegen auch nichts ab, da ist die Nahrung sicher und nur für mich. Ich bin dann aber mal weg und steuere aus der Stadt raus auf Arbroath zu. Die Angus-Coastal-Tourist-Route will ich natürlich nehmen, aber so „coastal“ ist sie gar nicht. Es dauert furchtbar lange bis ich aus Dundee raus bin und es endlich wieder ländlich wird. Dabei merke ich irgendwann, dass ich schon nahtlos im nächsten Ort angekommen bin. Monifieth, ein seltsamer Name. Man wagt es gar nicht auszusprechen, denn sicher macht man es falsch. Es gibt so viele schottische Namen, die komplett anders ausgesprochen werden als man sich das vorstellt, auch wenn man noch so gut Englisch spricht. Da ich großes Interesse an Linguistik habe, suche ich bei einer kleinen Pause nach der Bedeutung dieses merkwürdigen Namens und werde fündig. Der Ort selbst ist nicht wirklich etwas Besonderes, hatte in frühen Jahrhunderten Textilindustrie. Aber welche britische Stadt hatte das nicht? Das ganze Land ist doch voll mit Schafen, immer schon gewesen, und die Wollproduktion überall eine Art Herzstück früheren Wohlstandes. Es gibt mehrere Deutungen des Namens, und das finde ich nun immer sehr lustig. Man ist sich einfach nicht einig, somit wäre es doch auch mal angesagt, einfach gar nicht erst darüber nachzudenken. Monifieth könnte also einerseits „Fluss durch Moor und Moos“ heißen, andererseits auch „Hügel der Rehe“. Nun denn, die Bedeutungen liegen ja wahrhaft nah aneinander. Wir sind hier allerdings etliche Meilen von den Highlands entfernt und Hügel sind auch nicht auszumachen. Ich glaube, Ortsnamendeutung wird nun doch ziemlich langweilig, also konzentriere ich mich auf meine Anlandung in Arbroath. Leider liegen noch einige Baustellen auf dem Weg, so dass ich oft stoppen muss. Da schaut man sich derweil die Häuser an. Links und rechts haben sie alle ihre Hausnummer zweimal angebracht. Links oben von der Tür und rechts in der Mitte neben der Tür. Haben die sich abgesprochen? Doch halt! Nummer 6 tanzt aus der Reihe. Nur einmal die Nr. 6 am Haus. Geizkragen, schottischer!! Endlich wird es wieder ländlich. Obst- und Gemüsefelder und wahrscheinlich Kartoffelfelder liegen beidseits der Straße. Apropos Gemüse. Ich habe die schlauen Ratschläge meiner Mitmenschen vermisst, die mir schon im vorletzten Herbst mit auf den Weg gaben, ich solle besser einen Kanister Benzin mitnehmen, da es auf der Insel keins mehr gäbe. Jetzt gibt es Mangel an Tomaten und Gurken, aber niemand rät mir, ich solle mir Tomaten und Gurken mitnehmen, damit ich nicht verhungere. Ich hasse Tomaten, schaue aber explizit im Supermarkt nach, ob es wirklich gar keine gibt, aber es gibt welche. Gut, nicht bergeweise, aber es gibt sie. Und Gurken auch. Vielleicht aber auch nur, weil heute Samstag ist? Ich weiß es nicht. Und ich brauche sowieso keine. In Arbroath angekommen, reißt es mich nicht sofort vom Hocker. Die Stadt ist so gut wie völlig rot, das ist schon interessant. Genauso sind hier ja auch Untergrund und Klippen, das ist also der Baustoff. Die Straßen sind schmal und zumeist Einbahn. Das wird natürlich für unseren großen Reisebus im Sommer eine Herausforderung. Gut, dass ich mir das hier mal ansehe. An der Abtei, die einerseits Ruine ist, andererseits natürlich auch rot, erkundige ich mich bei einer Angestellten, wo hier Busse halten könnten. Tja, sie hatten schon Reisebusse dort, aber die Stadtverwaltung will einfach keinen Parkplatz dafür anlegen, so dass man die Gäste einfach an der Straße rauslassen soll. Es mag dann also so kommen, dass ich mein Programm anpassen muss, wenn man uns nicht will. Es ist aber schon schade, denn der Küstenwanderweg oberhalb der Klippen ist wirklich wunderschön. Ich bin ihn eine Stunde lang gegangen. Man kommt an fantastischen Felsformationen vorbei, die so spannende Namen wie „Kirche der Meerjungfrau“ oder „Teufelskopf“ tragen. Der Stechginster fängt gerade an zu blühen, bald wird der Wegesrand schön gelb leuchten. Ein Gezeter ist zu hören, denn hier geben sich die unterschiedlichsten Möwenarten die Klinke in die Hand und drehen eine Runde nach der anderen, haarscharf an den Klippen vorbei. Das Panorama ist herrlich. Die Sonne beginnt ganz langsam, sich abzusenken und taucht alles in ein gelbliches Licht. Austernfischer, diese kleinen schwarz-weißen Vögel mit den dünnen roten Schnäbeln, spielen auf einer Wiese Fußball. So scheint es jedenfalls, denn sie rennen flink zwischen zwei Toren hin und her. Ein umher tobender Hund setzt dem Fußballspiel ein Ende, obwohl ihn die Vögel nicht den Deut interessieren, sondern sein Blick einzig und allein auf sein Stöckchen gerichtet ist, das er erlegt hat. Aber die Austernfischer kommen wieder, sobald er weg ist. Es ist schließlich ihr Fußballfeld. Ich verlasse Arbroath und komme dabei durch eine Straße, in der es viele Shops mit „Smokies“ gibt. Für die „Arbroath Smokies“, geräucherte Fische, ist der Ort bekannt. Ich finde erstens keinen Parkplatz mehr, zweitens fehlt die Zeit und drittens hatte ich bereits Joghurt mit Obst aus dem Supermarkt und möchte abends noch essen gehen. Also fallen die „Smokies“ aus. Im Sommer werde ich aber welche kaufen und meinen Gästen zum Probieren geben. Nachdem ich in Arbroath selbst keine Chance für unseren Bus gesehen habe, klappt es mit der Zufahrt zum Parkplatz bei den Klippen allerdings gut, und dort steht auch eine Bude mit Fisch, die im Sommer sicher geöffnet ist. Dann gibt es kein Halten mehr, und der Räucherfisch wird getestet. Mein Tagesziel heißt „Lunan Bay“ und das „Lunan House Hotel“. Das liegt wirklich abseits, und je mehr mich mein Navi in die Pampa führt, desto mehr denke ich mir, wer wohnt denn hier? Eine Ruine taucht auf. Na, das wird ja wohl nicht mein Hotel sein!? Es war aber mal eine Burg. Sie ist sowas von leuchtend rot, das ist ein Hingucker. Auf der Karte lese ich dann, sie heißt "The Red Castle". Ach was!! Viel mehr kommt dann auch nicht mehr, aber glücklicherweise doch noch mein Hotel. Und eine Kirche. Und ein Fluss. Und eine Brücke. Der Blick von dieser über das Wasser hin zur Kirche ist atemberaubend. Ich muss unbedingt ein Foto machen, denn wer weiß, wie schnell die Sonne gleich absackt, dann ist es dunkel. Und jetzt gerade ist noch alles so schön gelb-orange. Deswegen checke ich auch nicht sofort ein, sondern wandere zum Fluss hinunter, um noch Aufnahmen einzusacken. Wie aus einer anderen Welt stehen dort 5 Skulpturen in schneeweiß: 2 Löwen, 2 Bulldoggen und 1 Schwan. Sie sehen aus als hätte man sie aus dem Garten eines prunkvollen Schloss hierher transportiert. Ein echter Stilbruch, aber interessant. Es ist Zeit einzuchecken. Mit einem Lächeln werde ich empfangen, um kurz darauf zu hören, dass mein Zimmer nicht reserviert wäre. Ich kann das Gegenteil natürlich beweisen, denn als Touristikerin bin ich erstens ein Perfektions-Nerd und zweitens sowieso vollstens mit allem ausgestattet was man zur Beweissicherung braucht. Die Rezeptionistin übermittelt mir allerdings die Nachricht in einem solch entspannten, freundlichen Ton, dass ich bereit bin zu antworten: „No worries, ich schlafe gern unter der Brücke. Die habe ich eben schon fotografiert, sie sieht wundervoll aus.“ Ich bekomme natürlich ein Zimmer, aber erst einmal muss der Manager angerufen werden. Diese Manager, von den Mitarbeitern immer als „my manager“ betitelt, sind dann immer die Entscheider für alles, die Helden und in diesem Fall, so sagt die Rezeptionistin, der „Star“. Am Rande sei hier erwähnt, dass auch die Mitarbeiterin am Europcar-Flughafenschalter wegen meines angefragten Upgrades erst „my manager“ fragen musste, und der hat gesagt, ich bekäme ein Upgrade zum Sonderpreis. Komisch, sie hat eigentlich gar keinen angerufen, sondern einfach nur in der auf dem Tisch liegenden stehenden Autoschlüsselsammlung gekramt. Anyway, wie der Brite sagt, die Rezeptionistin weist mich darauf hin, dass man natürlich das Zimmer noch nicht für mich vorwärmen konnte, es wäre leider kalt, ich solle mal die Heizung kräftig aufdrehen während ich zu Abend esse. Vor lauter Furcht, in der Nacht aber den Hitzetod zu erleiden, lasse ich das. Und wir haben ja schließlich eine Energie-Verantwortung. Das Bett hat eine gute, hohe Matratze und ein dickes Oberbett. Dazu vier Kissen. Was will man mehr? Das Haus kann ich schon empfehlen, es ist vor allem sehr preiswert, mit nur 60 Pfund für ein Doppelzimmer zur Alleinbenutzung inklusive Frühstück bin ich dabei. Buchen hier 2 Gäste ein, ist es nochmal vorteilhafter. Eine wohltuende Ausnahme in diesen Zeiten und vor allem in diesem Land. Die Zimmer sind hell und freundlich, auch wenn es wie üblich eine Zeit dauert, bis man sie gefunden und treppauf- und ab einen Hürdenlauf durch die verwinkelten Gänge absolviert hat. Der Teppichboden ist gepflegt, was nicht immer der Fall ist. Leider Gottes klebt man in der hiesigen Hotellerie noch am Teppichboden, was mir immer wieder unverständlich ist. Aber, oh Wunder, dieser hier ist noch nicht einmal kariert. Ich bin überrascht. Glücklicherweise holt mich im Badezimmer dann doch wieder etwas ein, was eigentlich auch unverständlich, mir aber schon ans Herz gewachsen ist, und ich bin jedes Mal richtig enttäuscht, wenn es mal anders ist: Keine Mischbatterie, sondern zwei Wasserhähne. So angebracht, dass die Hände kaum darunter passen. Einzig das sonst üblicherweise wirklich kochend heiße Wasser stellt sich nicht sofort und auch nicht so heiß ein. Das ist auch gut so. Und während ich da so sitze (keine Details…) sehe ich auch, dass der Fliesenleger sich wohl wieder einmal dachte, ganz oben unter der Decke, da komme ich eh nicht so gut dran, da müssen die Fugen auch nicht mehr wirklich akkurat ausgefüllt werden. Ist doch egal. Bisschen Fugenmasse draufgeklatscht und lässig verteilt. Guckt sowieso keiner hin. Sorry, ich entschuldige mich höchst britisch bei den Briten für diese „naughty“ Feststellung, aber ich erlebe es einfach zu oft und verstehe überhaupt nicht, wie Fachleute so arbeiten können. Das kann einer Firma doch nicht gut genug sein und dem Hotelier, der dafür bezahlt, doch eigentlich auch nicht. Aber sehen wir es mal so: Was wäre das für eine Enttäuschung, wenn sich auf einmal die guten alten Gepflogenheiten und Traditionen ändern würden? Dann wäre ich auch nicht zufrieden, oder? Und wenn der/die Deutsche nichts zu bemängeln hat, ist das ja auch nicht normal. So, nun haben beide Länder ihr Fett abgekriegt. Zum Abendessen gibt es Fish&Chips. Eigentlich wollte ich mich zurückhalten und Gemüse oder Salat essen, aber hier gibt es leider nicht viel für Vegetarier, also wird es ein Fisch. Der ist bei mir erlaubt. Das Stück Fudge, das mir zum Espresso danach gereicht wird, lasse ich liegen. Ja wirklich, ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder, ich lasse es liegen. Diese göttliche, zuckrige und karamellige Masse an Kalorien muss im Lunan House Hotel bleiben und nicht meine Magenwände auskleiden. Im Zimmer angekommen fällt mir ein, dass für Schottlands Norden an einigen Tagen Nordlichter angekündigt sind. Soll ich jetzt wirklich nochmal zum Strand runter gehen, der nicht weit entfernt ist? Im Dunkeln? Nein, soll ich nicht. Ich schaue aus dem Fenster. Wenn es jetzt irgendwo grün wird, dann werde ich es sicher von hier oben aus sehen. Oder auch nicht. Für die nächsten Tage soll auch noch was kommen. Und das Orange am Abend war schließlich auch toll

  • Falkland Inseln | Pinguine | Antarktis-Vertrag

    Meine Expeditions-Heldin hat gestern und heute die Falkland-Inseln betreten und liefert mir schöne Bilder von den mir so sehr gewünschten Pinguinen. Ehe ich mehr auf diese Inselgruppe, deren menschliche und tierische Bewohner eingehe, verweile ich ein wenig bei dem Thema "Betreten der antarktischen Gebiete". Natürlich macht sich jeder, oder sollte sich jeder, Gedanken um unsere Umwelt und den Erhalt von Tierarten machen und nicht beliebig in allen möglichen Regionen unkontrolliert und rücksichtslos herumlaufen. Dafür sorgt beispielsweise das Antarktis-Abkommen. Der Tourismus nimmt weltweit zu und gerade jetzt, nach der Corona-Pandemie, bemerkt man jede Menge Nachholbedarf, endlich wieder Menschen zu treffen und sein Bildungslevel mit dem Erkunden der "Außenwelt" anzuheben. Reisen ist hier das Medium zur Völkerverständigung und Bildung, aber mir ist durchaus bewusst, dass der Tourismus auch eine höchst kontrovers diskutierte Branche ist. Wie vieles in der Welt hat diese Branche zwei Seiten. Zu viele besuchende Menschen und bestimmte Verkehrsmittel sind nicht umweltverträglich, und dennoch braucht es das Reisen, damit die Menschheit über den Tellerrand hinaus schaut und nicht horizontlos mit Scheuklappen vor sich hindümpelt. Sorry, ein anderer Begriff fällt mir gerade nicht ein. Es braucht also die Weiterentwicklung der Verkehrsmittel hin zu mehr Umweltfreundlichkeit, was z.B. Hurtigruten innovativ vorantreibt, und für die Reisenden braucht es oft auch Reglementierungen. Mit dem Antarktisvertrag hat man das erreicht. Schaut euch gern einmal auf den Seiten des Bundesumweltamtes um, wo darüber berichtet wird. Ich finde den Artikel über Tourismus in der Antarktis sehr spannend (Auszug aus den Seiten des Bundesumweltamtes): Eine Measure von 2009 besagt, dass Schiffe mit mehr als 500 Fahrgästen nicht im Antarktisvertragsgebiet anlanden dürfen. Weiterhin wurde geregelt, dass nur ein Schiff jeweils an einem Landungsplatz festmachen darf, dabei nie mehr als 100 Menschen gleichzeitig an Land gehen dürfen und für je 20 Menschen mindestens ein geschulter Reiseführer zur Verfügung stehen muss, um sie an Land zu begleiten. (...) Zusätzlich dazu haben die Vertragsstaaten 2011 eine allgemeingültige Besucherrichtlinie (...) verabschiedet, die 2021 aktualisiert wurde (...). In den Besucherrichtlinien wird beispielsweise festgelegt, dass Vegetationsflächen nicht betreten werden sollen, (...) oder dass ein vorsorgender Mindestabstand zu Tieren von fünf Metern eingehalten werden muss. Auf dem Foto oben seht ihr neben den Richtung Inland watschelnden Pinguinen auch die MS Fram, die im Meer draußen bleibt und die Menschen per Zodiacs an Land bringt. Tendern nennt man das auch. Wie im Antarktisvertrag oben geschildert, kommen also nur kleine Gruppen an Land und halten Abstand zu den Tieren. Glücklich ist, wer eine gute Kamera dabei hat und sie sich nah heranzoomen kann. Auf den Falklandinseln leben etwa 3000 Menschen plus 1700 stationierte Soldaten. Wie jeder sicherlich weiß, gibt es einen Konflikt zwischen Großbritannien und Argentinien, wer letztlich rechtmäßiger Besitzer dieser Inselgruppe ist. Ich kann und will hier nicht politisch werden, doch ist das Argument der Argentinier naheliegend, dass ein Territorium dass 14.000 Kilometer von Großbritannien entfernt liegt, nur schwer als britisches Territorium erkärt werden kann. Dahingegen ergab allerdings ein Referendum im Jahre 2013, bei dem die Mehrheit enschied, bei Großbritannien zu verbleiben. Nur drei Personen haben dagegen gestimmt. Die restlichen geschichtlichen Fakten, lest gern selbst auf Wikipedia oder auf den Internetseiten von Falklandislands, die, wie ich finde, eine wunderbare Seite mit fantastischen Fotos und leicht aufzusaugenden Infos ist. Dort erfahrt ihr, dass auch die Spanier ein Auge auf die Falkland Inseln geworfen haben, dass die este Siedlung unter französischer Herrschaft gegründet wurde und bretonische Fischer aus Saint Malo brachte (daher einer der Name der Inseln: Îles Malouines), sowie das rasche Nachfolgen der Besiedler hauptsächlich aus Nordengland und Schottland. Kleine Info am Rande: Es gibt ein Mini-Örtchen in Schottland mit dem Namen Falkland. Zur Bevölkerung der Falkland Inseln gehören aber auch Millionen von Pinguinen und verschiedene Vogelarten, darunter der Albatros oder der Falklandkarakara. Dieser kommt nur hier vor und hat eine stattliche Anzahl ihn beschreibender Attribute erhalten. Charles Darwin fing damit schon an als er die Insel besuchte und über diese Vögel, die ihm seinen Hut und einen Kompass geklaut hatten, sagte, sie wären clever, charmant, spitzbübisch, neugierig und dreist. Davon berichtet auch meine Expeditions-Heldin, die erfahren hat, dass besonders ihr roter Anorak für den Karakara extrem interessant ist. Der Raubvogel beobachtet genau und folgt der Farbe. Interessant zu wissen wäre, ob er dabei das Rot anstarrt, weil er es toll findet oder weil er nicht verstehen kann, dass es andere Zweibeiner gibt, die so auffällig rumlaufen. Er selbst ist schwarz und hat zimtfarbene Hosen an. Auch seine Bauchpartie sieht aus wie Zimt. Neben dem Ausflug in die Tierwelt durften die Passagiere heute auch auf einem Science Boat dabei sein. Hurtigruten verfolgt auch einen wissenschaftlichen Aspekt und forscht. Warum sollten die Kreuzfahrtgäste daran nicht teilhaben? Das sensibilisiert für viele Themen rund um nachhaltiges Reisen und das Ziel, die Welt bewusst und vorsichtig wahrzunehmen und aus früheren Fehlern zu lernen. Meine Expeditions-Heldin ist jedenfalls begeistert: "Man assistiert Wissenschaftlern, hier Wasserproben zu sammeln auf der Suche nach Phytoplankton.Die Proben werden später unter dem Mikroskop untersucht, und wir dürfen dann auch reinschauen. Ich bin so begeistert!" Hurtigruten beteiligt sich zudem seit Jahren an Programmen zur Überwachung und Analyse der Gewässer und Gebiete, die wir bereisen. Gemeinsam mit unseren Gästen beteiligen wir uns an Recherchen, von der Registrierung von Eisbären auf Spitzbergen und der Erfassung der Meerwassertemperatur entlang der norwegischen Küste bis hin zur Überwachung von ausgelaufenem Öl und der Antarktisforschung. Mehr Infos zu dem, wo Hurtigruten sich engagiert, findet ihr auf der Internetseite der Reederei, von der auch das o.g. Zitat stammt. Aber auch ich möchte euch für etwas sensibilisieren: Die Informationen dort sind fantastisch und bilden euch weiter. Wenn ihr aber auf der Seite direkt eure Hurtigrutenreise bucht, ist das für uns als ausbildender mittelständischer Familienbetrieb das Gemeinste was ihr tun könnt. Also nicht vergessen: Alle Angebote, Rabatte und Sonderaktionen auf der Seite bekommt ihr original auch bei uns. Und völlig ohne Aufpreis viel Service, Hilfestellung und Weitergabe der Erfahrungen unserer anderen Kunden. Und auch mein Blog bleibt kostenfrei, so dass ihr von viel Information profitiert und in eure Reiseplanung (mit uns natürlich :-)) einbeziehen könnt. Die Expeditionspassagiere kommen zurück an Bord der MS Fram und müssen vorher durch die Gummistiefel-Waschanlage. Auch das gehört zu den Hygienemaßnahmen. Alles muss wieder in Ordnung sein. Die beiden Passagiere hatten auch Köpfe, aber ich habe sie abgeschnitten. Daten- und Personenschutz, Ihr wisst schon. Aber ich muss sagen, die beiden Herren sahen gut aus. Auf den Falkland Inseln ist es gerade 19:51 h, also 4 Stunden früher als bei uns. So hoffe ich, dass auch meine Expeditions-Heldin diesen Beitrag heute Abend noch lesen kann und nicht schon vor lauter Reizüberflutung dieser fantastischen Reise in ihrer Koje eingeschlummert ist.

  • Hurtigrutige Fakten

    Ihr Lieben, ich begleite ja nun seit 2 Tagen meine Expeditionsheldin auf ihrer Antarktisreise, wenn auch nur virtuell vom Laptop aus als Berichterstatterin. Sie ist auch schon - hurtig, hurtig - auf dem Weg nach Süd-Georgien. Ab da gibt´s Pinguine, versprochen. Ich habe mir zumindest einen einzigen für mich gewünscht. Direkt vor die Linse und dann per W-Lan über die Meere in mein Handy. Und dann pinguint das hier im Blog auch ganz gewaltig, möchte ich mal ankündigen. Bevor es aber so richtig losgeht, möchte ich euch das Expeditionsschiff MS Fram und auch die Philosophie von Hurtigruten vorstellen. Die Fram gibt es zweimal. Wie das? Die eine, gebaut im Jahre 1892, steht im Fram-Museum in Oslo auf der Museumshalbinsel Bygdøy, die andere, gebaut im Jahre 2007 und renoviert im Jahre 2022, schwimmt gerade von Punta Arenas durch die Magellan-Straße Richtung Falkland Inseln im Südatlantik. Die alte Fram ist aus Holz, die neue ..... nicht. Die Farben rot, schwarz und weiß haben beide Schiffe gemein. Tradition halt. Alle Hurtigruten, auch die Postschiffe in Norwegen, haben diese Farben. Die neue Fram hat zwei Restaurants und einen Außengrill. Die alte.... natürlich nicht. Wir alle wissen, Fridtjof Nansen, Otto Sverdrup und Roald Amundsen waren nicht zum Grillen und Essen auf See. Meine Expeditionsheldin natürlich auch nicht, aber ein bisschen schöner will man es heute schon haben, auch wenn das Bild auf dem Fernseher im Informationsraum dazu einlädt, sich mit dem uns innewohnenden Wissenschaftler zu verbinden. Und damit komme ich zum Thema der Expedition und der Philosophie der Hurtigruten-Expeditionsschiffe. Ich bediene mich bei den Ausstattungsdetails der Informationen auf der Seite der Reederei. Das Schiff wurde speziell als Expeditionsschiff mit höherer Eisklasse konstruiert. Zur technischen Ausstattung gehören Kartierungstools, eine Tiefenlot-Datenbank, ein nach vorne ausgerichtetes ausfahrbares Sonar, Eisberg-Suchscheinwerfer, ein eigenes Trackingsystem, ein extragroßes Selbstversorger-Öltanksystem sowie ein spezielles Deck für Expeditionsgeräte, das der Größe eines Autodecks für 25 Fahrzeuge entspricht. Wir finden, dass jeder Entdecker ein Expeditionsschiff braucht, das als komfortables Base Camp auf See dient. Es sollte für alle Ozeane geeignet, sicher, flexibel und umweltfreundlich sein. Und genau diese Voraussetzung erfüllt Fram – sie ist einfach das beste Expeditionsschiff, das man sich nur vorstellen kann. Beeindruckend, nicht wahr? Das sind technische Begriffe, da muss der Laie erstmal doppelt lesen und gut drüber nachdenken. Eisberg-Suchscheinwerfer, das ist doch fantastisch. Dabei fällt mir gerade ein, dass ich ein Modell der Titanic von einem Freund zur Verfügung gestellt bekomme für mein Schaufenster. Er hat, da ich Zweifel an einer solchen Dekoration hatte, auch gleich den Slogan dafür mitgereicht: "Mit uns erreichen Sie ihr Ziel". Aber lassen wir das. Zurück zur MS Fram. Fram bedeutet übrigens "vorwärts". Ist das nicht schön? Genau so sollten wir denken. Immer vorwärts, immer in die Zukunft ausgerichtet. Und die Zukunft möchte von uns Umweltverträglichkeit. Das nimmt man bei Hurtigruten sehr ernst. Die Schiffe sind klein, was vielen meiner Kunden sehr entgegen kommt. Ich oute mich da, ich liebe große Schiffe, aber die kommen halt nicht in alle Regionen und nicht in alle interessanten Häfen. Wenn die MS Fram anlegt, dann wirft sie keinen Anker aus. Sie hat nämlich gar keinen. Sie kann mit ihrer Technik die Position selbst halten. Dadurch wird der Seegrund geschont und sie kann ihre Position im Bedarfsfall schnell ändern. Die Gäste finden auf ihrer Kabine eine solche Flasche vor. Es stehen Wasserspender zur Verfügung, um sie zu füllen. Dadurch werden jede Menge Plastikflaschen eingespart. Mittlerweile über 50.000. "Die nehmen Umweltschutz richtig ernst". Es gibt viele weitere kleine und große Dinge, um die Umwelt nicht zu schädigen, oder nicht zu sehr. Sprechen wir aber nicht nur von Umweltschutz, sondern auch einmal von Gästeschutz. Meine Expeditionsheldin meint: "Die Betreuung ist schon super, da bleiben keine Wünsche offen. Fühle mich gut aufgehoben." Sie hat mir nun schon von Beginn der Buchung an des Öfteren gesagt, dass sie das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommt. Ehrlich, wer sich so erfreuen kann, dem ist eine tolle Reise mehr als gegönnt. Ich hoffe nur, die Besatzung denkt nicht, sie hätte sich liften lassen, weil sie nicht mehr anders kann als grinsen. Man kennt ja diese Effekte. Aber Spaß beiseite, meine Fantasie geht mit mir durch. Meine Expeditionsheldin holt sich gerade lieber die Ausrüstung für die Landausflüge ab, inklusive Gummistiefel. Und jetzt grinse ich aber mal. Es grüßt... das Michelin-Männchen, so wie das aussieht. Zum Abschluss des heutigen Blogposts gibt es für euch eine Bildergalerie mit Impressionen aus dem Inneren des Schiffes. So sieht es an Bord aus, und ich finde, das kann man sehr gut aushalten. Ein richtig schönes Ambiente. Man will ja schließlich auch nicht leben wie ein Hund.. ähm, Pinguin?

  • Sitzgelegenheiten und Schlüsselerlebnisse in Punta Arenas

    Buenos días nach Punta Arenas, wo sich meine Expeditionsheldin gerade mit einer Stadtrundfahrt auf das große Abenteuer "Antarktis" ein wenig einstimmt. Da nimmt man erst einmal Platz im Heimatkundemuseum auf einem Wal, bzw. dem, was davon noch übrig geblieben ist, seine Knochen. Na ja, wahrscheinlich ist es nicht gestattet, darauf zu sitzen. Es wäre aber auch ein zu merkwürdiges Gefühl, auf dem Rückenwirbel zu sitzen und sich an Rippenknochen anzulehnen. Einige Meeresbiologen und Künstler verfolgen hier das Ziel, alle in Patagonien lebenden Tierarten mittels ihres Skelettes darzustellen. Einige hundert Exponate gibt es schon. Das chilenische Fremdenverkehrsamt wirbt damit, ein bevorzugtes Ziel für Wal- und Delfinbeobachtung zu sein. Bei über 6000 km Küstenlinie hat man an vielen Orten die Chance auf Sichtungen, und die besten Monate sind Januar und Februar, da sich die Tiere dann auf den Weg von den Tropen zur Antarktis machen. Sie kommen der Küste nahe, da sie dort ihr Fressen suchen. 43 veschiedene Walarten kann man hier sichten, das sind immerhin 50% der insgesamt auf der Welt zu findenden Arten. Ich bin gerade furchtbar beeindruckt, während meiner Recherche auf der Internetseite des chilenischen Fremdenverkehrsamtes ein Bild zu sehen, worauf ein Wal neben einem Ausflugsboot schwimmt, der um einiges länger ist als das Schiff. Klar, weiß man wie groß diese Tiere sind, aber im direkten Vergleich ist es dann nochmal etwas zum Staunen. Dass dann auf der Seite auch noch Menschen zu sehen sind, die im Kajak auf Walbeobachtungstour gehen, treibt mir die Gänsehaut auf die Arme. Du meine Güte, hoffentlich macht meine Expeditionsheldin das nicht. Es scheint mir doch zu gewagt. Weiß der Wal, dass sie da drin sitzt und nur gucken will??? Mit dem Bus geht es durch Punta Arenas. Ein goldenes Mobil mit Lübecker Kennzeichen. Gut, dass noch "Chile" draufsteht und Pinguine vom Heck grüßen, sonst wäre ich total verwirrt. Ein Schlüsselerlebnis bietet dann ein blauer Kiosk mit einem schönen Sonnenschirmdach. Hier gibt es aber neben Schlüssel-Kopien auch alles andere, von Getränken über Zigarren bis hin zu Plätzchen. Wobei ich das spanische Wort "galleta", wenn es denn tatsächlich dieses sein soll, erst einmal in den Google-Übersetzer eingeben musste. Als grammatikalischer Ober-Schlauling muss ich jedoch feststellen: Getränke gibt es mehrere, aber nur 1 Zigarre und 1 Plätzchen. Da ist es kein Wunder, dass der Laden gerade geschlossen hat. Meine Expeditionsheldin hat wahrscheinlich den einen Keks gerade gekauft und die eine Zigarre auch. Dabei fällt mir ein Zitat des Zigarrenliebhabers Mark Twain in die Hände: "Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft". Wie bekomme ich jetzt die Kurve von den Zigarren zurück zu dem, was es in Punta Arenas noch zu sehen gibt? Genau. Mit Christoph Kolumbus verbreitete sich der Zigarrenkonsum von Südamerika in die ganze Welt. Und von Christoph Kolumbus ist es nur ein kleiner Schritt hin zu Fernando Magellan. Beiden gemein ist die Auftragsarbeit der Entdeckung neuer Seewege und damit Länder für die spanische Krone. Schau mal an, die Spanier, engagieren einen Portugiesen und einen Italiener, um nachzuschauen, was da jenseits der Ozeane noch alles liegt. Da steht der alte Portugiese nun auf dem Sockel und schaut in die Ferne. Zu seinen Füßen zwei indigene Menschen, sofern man die Nixe so bezeichnen darf. Der Fuß des Mannes, der natürlich nackt ist - als oder ganze Mann - blinkt gülden-glattpoliert, denn man berührt den Zeh und glaubt daran, dass man noch einmal nach Punta Arenas zurückkehren wird. Meine Expeditionsheldin wird das auch ohne Zehenkontakt tun, denn die MS Fram wird sie wieder hierher zurückbringen. Und da steht sie auch schon im Hafen, bereit, die Gäste in Empfang zu nehmen. Hasta la vista - wir lesen uns wieder .....

  • DER KOFFER IST IN CHILE! JUCHUH!

    Meine Expeditions-Heldin ist in Santiago de Chile angekommen. Mit Koffer, wie schön. Sollen wir jetzt deswegen aber Air France auf Knien danken? Nein, sie haben einfach ihren Job ordentlich gemacht, und daher geht es jetzt an den Hotelpool auf einen Schirmchen-Drink. Moment mal! Schirmchen-Drink? Pool? War da nicht gestern noch die Rede vom Packeis? Lasst uns das mal ganz in Ruhe auseinander dividieren. Bevor die Antarktis-Reise losgeht, wird in Santiago de Chile übernachtet. Das ist zum einen gut, um nach einem langen Flug schon einmal einen Stopp einzulegen, zum anderen gibt das Sicherheit, auf keinen Fall das Schiff zu verpassen, und last but not least hätte dann auch noch ein verlustig gegangener Koffer seine Chance gehabt, meine Expeditions-Heldin wieder einzuholen. Mit Santiago de Chile ist man etwa 12.080 km von Dortmund entfernt. Die Hauptstadt von Chile liegt etwa 120 km von der Küste des Südpazifik entfernt. Das ganze Land quetscht sich ziemlich nah ans Meer, denn es ist ein ganz schmaler Streifen an der westlichen Seite Südamerikas. Es müssen sich aber auch nur 19,1 Millionen Chilenen dort verteilen. Die Temperatur dort ist zur Zeit (Februar) stolze 31 Grad, also in der Tat Schirmchen-Drink geeignet. Und by the way, sorry, man spricht ja spanisch, also de paso fällt mir just in diesem Moment ein, dass es ein Chilene war, der mir vor vielen Jahren ein Tapas-Gericht untergejubelt hat, von dem ich Gott sei Dank erst hinterher wusste, was es war. Umberto, seines Zeichens Gebietsreiseleiter für TRD Reisen in Lloret de Mar, hatte in einer Bar etwas bestellt, das aussah wie Kartoffelsalat. Aber dass es das nicht war, war mir bewusst. Nur was? Er wollte es nicht verraten, ich sollte erst probieren. Ich weiß auch nicht mehr, ob ich es aufgegessen habe und ob es lecker war, aber es entpuppte sich als Pansen in weisser Sauce. Meine Hunde hätte es gefreut. Doch zurück zum Schirmchen-Drink. Der übrigens ohne Schirmchen ist, aber wir wollen ja auch nachhaltig sein, und die Schirme sind Wegwerf-Material, also unnötig. Und besser schmeckt der Cocktail dadurch auch nicht. Anstatt nach 14 Stunden Flug noch auf Stadtrundfahrt zu gehen, die wie ein Zeichen ohnehin ausgebucht war, wird meine Expeditions-Heldin heute nochmal Hitze genießen und die Sonne anbeten, bevor es morgen weiter geht per Flug nach Punta Arenas. Das sind nochmal schlappe 3000 km. Und da - hóla - sieht es temperaturmässig ganz anders aus und kühlt auf 10 Grad ab. Immer noch nicht eisig, aber das wird schon noch. Hasta la vista, Ihr Lieben. Morgen geht es an Bord und hurtig auf die R(o)ute. (Achtung! Pfiffiges Wortspiel :-). Buenas noches ins Mandarin Oriental Hotel Santiago.

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