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ALLE MEINE BUSFAHRER

Ja, ich ahne schon, was dieser Titel für Assoziationen auslöst. Schnattert die jetzt über alle Busfahrer, mit denen sie was hatte? Aber nicht doch! Ich habe mir heute einfach nur ein paar Gedanken darüber gemacht, mit welch unterschiedlichen Busfahrern ich in über 30 Jahren unterwegs war. Deren Charakter, ihre Macken und ihre Art, mit Gästen umzugehen oder auch nicht umzugehen.



Grundsätzlich verstanden alle ihr Handwerk, sprich: Sie konnten alle gut fahren und die Gäste sicher ans Ziel bringen. Manche waren absolut kollegial und haben mit uns Reiseleitern freundschaftlich zusammen gearbeitet, andere wiederum fuhren einfach nur, weil das ihr Auftrag war.


An manche Eigenarten denke ich noch heute - hauptsächlich mit einem lachenden Auge - zurück.

 

Da gab es einen Fahrdienstleiter, Chef-Fahrer oder wie immer man dieses Urgestein des Unternehmens auch bezeichnen mochte.

Jeder warnte mich vor ihm, daß er sehr pingelig und es nicht einfach mit ihm wäre. Und dann hatte ich mit dem gleich 14 Tage Russland vor der Brust. Dazu kam, daß er schon ein paar Mal dort war, ich aber nicht. Wir bekamen einen russischen Reiseleiter vor Ort dazu, von daher war meine Aufgabe eher organisatorischer Art, und ich war für den Bordservice zuständig.

Mein Fahrerkollege sollte also der pingeligste, reinlichste, penibelste, konservativste und gefürchtetste Busfahrer auf Erden sein.


HILFE! Ich war nicht gerade "amused", diese Reise anzutreten.



Und das erste Mißgeschick an Bord war auch schnell passiert: Jeder Gast bekam eine Verzehrkarte, auf der ich dann die servierten Getränk mit einem Strich notierte. Bei einem Ehepaar blieb ich hängen und unterhielt mich eine Weile sehr nett. Währenddessen hielt ich mich, den Kugelschreiber Richtung Decke zeigend, an der Gepäckablage fest. Auf den schlechten polnischen Straßen (natürlich fuhren wir ja quer durch Polen) ruckelte und wackelte es, da konnte auch der Chef-Fahrer nichts retten.


Und während der ganzen Rüttelei malte ich unwissentlich mit dem Kugelschreiber die Verkleidung an der Busdecke voll. Schöne viele blaue Strichlein!


Der Schock saß tief. Ich hatte seinen heiligen Bus entstellt! Welche Strafe sollte mir drohen?

Ich ging sofort beichten und versprach, mit Scheibenreiniger zu versuchen, alles wieder gut zu machen. 

Gar nicht mal so furchtbar sauer sagte er in seinem witzigen kölschen Dialekt nur: "Ach Jabi!"

Und ich gab mir Mühe und setzte die Busdecke tatsächlich wieder auf ihre "Werkseinstellung" zurück.


Gleich an der nächsten Raststätte beim Tanken vergaß mein Busfahrer dann, daß ich ihm eben eine Tasse Kaffee gebracht hatte. Die stand auf der Ablage seiner Seitentür, und nach einem Sprung aus dem Bus raus und einem noch kräftigeren Tür zuschlagen, schwappte der Kaffe aber mal so richtig gehörig über und ruinierte die Stoffverkleidung des Cockpits.

Ich konnte mir ein "Ach Paul!" nicht verkneifen und hatte für ihn einen Tipp parat, wie man ganz schnell die Kaffeeflecken wieder raus kriegt.

Wir schmunzelten beide und waren von da an das beste Team.

 

In Moskau, während die Gäste sich eine Vorstellung im Staatszirkus anschauten, kam ich zum Bus zurück, weil ich wegen meiner Pferdeallergie nicht im Zelt bleiben konnte und lehnte mich sehr weit aus dem Fenster als ich anbot, mit ihm zusammen den Bus zu polieren.