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BEI BRAVEHEART UM DIE ECKE

An schwer historischer Stätte wohnen konnte ich auf vielen meiner Schottlandreisen. Standort war vor einigen Jahren, als ich den folgenden Blog schrieb, auch wieder Stirling. 



Der Schotte spricht das unglaublich schön aus, mit einem Fast-„Sch“am Anfang, einem rollenden „R“ in der Mitte und einem leicht geschnalzten „L“ zum Ende hin. 

Klingt kompliziert? Ist es auch. 

Genauso kompliziert wird es, wenn einen der Highlandbewohner fragt, ob man „Fesh“ mag. 

Was meint er denn jetzt? Klar, ich mag eigentlich ganz gern fesche Leute, aber darum geht es gar nicht. Er will wissen, ob ich gern Fisch esse. Ach so, ja, das auch. 

Und nach dieser kleinen Lektion sagen wir dann alle mal zusammen das schöne Wort „WORLD“ (schade, dass es keine Hörprobe geben kann). Einfach das „R“ eine Viertelminute lang rollen, dann klingt es richtig. 

 

Wie komme ich jetzt aus der Nummer wieder raus und hin zu Braveheart, besser bekamnt als William Wallace? 

Denn um den geht es überall in und um Stirling. 



Glücklicherweise fällt mir gerade ein, daß ich in meinem Post über die Vorankündigung dieser Reise schon ausreichend über ihn berichtet habe.

Also Glück gehabt, das ganze Schlachtengetümmel bleibt in diesem Bericht aus. Ist auch wesentlich schöner, sonst wäre mein ganzes Geschnatter viel zu blutig.

 

Stirling selbst ist bei allem historisch wertvollen Umland eine sehenswerte Kleinstadt. Natürlich stehen an jeder Ecke irgendwelche „Memorials“ wie in vielen schottischen Städten. Da ist die Statue des Highlanders, der nicht nur in den englisch-schottischen Schlachten, sondern auch in den Weltkriegen gekämpft hat. Da finden sich Gedenksteine für Helden und Könige, aber bitte möglichst schottische, und eine Reiterstatue von König Robert the Bruce, auf der gerade eine Möwe rastet - und wahrscheinlich nicht nur einfach das....



Die Lage der Stadt ist fantastisch, umringt von Bergen mit wundervoller Aussicht vom Burgberg aus, wenn es nicht gerade regenverhangen ist. Doch ich habe Glück, der Himmel ist zwar nicht blau, aber die Fernsicht ganz passabel. Man schaut hinüber bis zum Wallace-Denkmal und kann es gut erkennen. 

Hat man seine Geschichte gelesen, schaut man auch als Nicht-Schotte ein wenig ehrfürchtig über das Tal, hinunter zur legendären Brücke und auf das ehemalige Schlachtfeld.

Es ist einfach diese Mystik der Highlands, die den passenden Rahmen zum ehrfürchtig sein schafft. Man kann gar nicht anders. Wenn ich jetzt noch darüber sinne, was sich die Clanfamilien damals alles angetan haben...... Das, zusammen mit der Berg- und Traumtalkulisse lässt ein Tränchen der Rührung fließen.



Während ich diesen alten Blog also gerade aktuell aufarbeite, muss ich hinzufügen, dass auch die umgekehrte Perspektive, vom Wallace Monument Richting Stirling grandios ist. Endlich habe ich das Monument mal erklommen und bin stolz wie Oskar (oder wie Braveheart? Egal.), die ganzen Treppen geschafft zu haben. Da steht man dann also unter so einer Art Krone aus Stein-Strebepfeilern und muss aufpassen, dass man nicht wegfliegt, so windig ist es da.


Die Animationen zur Schlacht von Stirling Bridge sind auf den einzelnen Etagen des Monumentes übrigens sehr schön arrangiert, man sammelt Impressionen aus dem Jahre 1297 und kann zwischendurch verschnaufen. Und am Ende, ganz oben, ist man ganz klar der Meinung: Yes, die Krone hat er verdient. Leider aber hat er diese nicht ganz wirklich bekommen, sondern den Tod durch hängen, ausweiden und vierteilen, aber darauf wollte ich ja gar nicht eingehen. Lassen wir ihn in Erinnerung heile und ganz. Aber das folgende Foto kann ich mir dann doch nicht verkneifen.



Kürzlich habe ich gelesen, daß ein schottischer Veranstalter auch Friedhofstouren als Themenreise anbietet. Schockschwere Not, dachte ich zuerst, aber mit ein wenig Nachdenken finde ich das richtig gut. Auch ich habe eine abendlichen Spaziergang zum Friedhof von Stirling gemacht, der oben auf dem Burgberg  thront und absolut sehenswert ist.

Kaum zu glauben, wie alt einige Gräber sind!



Das älteste ist von 1579 und damit über 400 Jahre alt. In jenem Jahr, und das finde ich aus heutiger Sicht wirklich witzig, erklärt James VI, König von Schottland, daß er nun, da 11 Jahre alt, nicht mehr minderjährig ist und ab sofort in eigenem Namen regieren wird.

Ich mag mir gar nicht ausmalen, wenn meine 11-jährige Nichte sich jetzt für volljährig erklären und Deutschland regieren würde. Und dabei sind Mädchen den Jungs doch üblicherweise entwicklungstechnisch sogar noch ein wenig voraus. Und dennoch ist der Gedanke, ich müsste ihr am Ende gar huldigen, schon grotesk.

Aber wir sind ja Gott sei Dank über 400 Jahre weit weg von sowas und meine Fantasie geht gerade mit mir durch.

 

Ich merke, ich verschnattere mich in diesem Bericht schon wieder ganz heftig. Dabei wollte ich doch noch rasch über ein paar Schönheiten Stirlings plaudern, und das sind die Häuser selbst.

Schottlands Gebäude strotzen nur so vor Sandstein und Granit. Naturbelassen, von Blumen umrankt oder weiß getüncht. Letzteres führt dann tatsächlich dazu, daß das „Weiße Haus“ in Stirling steht.  



Last, but not least, sind es auch die Legenden und Geister, die einer Stadt Besonderes einhauchen. Die Burg von Stirling kann selbstverständlich mit einem ordentlich spukenden Geist aufwarten, wahrscheinlich buhlen sogar mehrere um die Gunst der Besucher, und am ehemaligen Almosenhaus steht in einer Nische des Turms die Statue des Wohltäters John Cowane, die in der Silvesternacht nicht still stehen kann, heruntersteigt und tanzt. Endlich mal ein Mann, der nichts am Knie oder am Rücken hat, just in dem Moment, wo es ums Tanzen geht.

 

In Stirling ist also alles perfekt. Nationalheld ganz in der Nähe, tolle Häuser, ein geschichtsträchtiger Fluß mit alter Brücke, Legenden und Geister, alle passend zu Stelle.

Aye. Ja, so sagt der Schotte „ja“, das ist schon eine Reise wert.


Und deswegen geht es auch im August wieder hin.











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